Wirksamer Klimaschutz sieht anders aus

Bewertung des Klimaschutzsofortprogramms

2021 wurden die Emissionsziele im Verkehrsbereich deutlich überschritten. Mit dem nun vorgelegten Klimaschutzsofortprogramm wird lediglich die Lücke aus dem vergangenen Jahr geschlossen. Um die Emissionen auch in Zukunft zu senken und so die Klimaziele zu erfüllen, muss das Verkehrsministerium grundsätzlich nachsteuern.

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„Wir wollen auch im Verkehrsbereich die Klimaziele einhalten“, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing bei der Vorstellung des Klimaschutzsofortprogramms für den Bereich Verkehr am 13. Juli 2022. Entschlossenheit hört sich anders an und war auch im vorgelegten Programm nicht zu finden.

Da im Bereich Verkehr die im Klimaschutzgesetz definierte Höchstmenge an CO2 um drei Millionen Tonnen überschritten wurde, war das Verkehrsministerium verpflichtet, ein solches Sofortprogramm mit Maßnahmen vorzulegen, um die Ziele wieder einzuhalten. Anstatt das als Möglichkeit für wirksamen Klimaschutz zu nutzen, entschied sich das FDP-geführte Ministerium für eine Minimallösung mit sechs Forderungen. So sollen der Ausbau der Ladeinfrastruktur beschleunigt, emissionsarme Lkw-Anhänger gefördert und Anreize für erneuerbare Kraftstoffe erhöht werden. Außerdem ist geplant, die Mittel für den Radverkehr zu erhöhen und Maßnahmen für eine Ausbau- und Qualitätsoffensive im ÖPNV auf den Weg zu bringen.

Wetterextreme nehmen zu

Konkrete Maßnahmen, um Qualität und Quantität von Bus und Bahn sowie Rad- und Fußverkehr zu verbessern oder Anreize zum Umstieg zu setzen, sucht man vergebens. Vom Abbau klimaschädlicher Subventionen und Steuerprivilegien ist ebenfalls keine Rede. Damit werden maximal die Lücken des Vorjahres geschlossen. Es ist also absehbar, dass der Verkehrssektor auch in den kommenden Jahren seine Klimaziele verfehlt. Angesichts des bereits spürbaren Klimawandels ist das ein fataler Fehler.

Rekordhitze, Waldbrände, Wirbelstürme, Starkregen, Dürreperioden, Ernteausfälle und Wasserknappheit - es vergeht kein Tag, an dem die rasant voranschreitende Klimakatastrophe nicht die Schlagzeilen bestimmt. Längst ereignen sich die lange fern geglaubten Extremwetterereignisse direkt vor unserer Haustür und werden auch in Zukunft zunehmen. Die UN-Organisation für Meteorologie (WMO) kam in einem Bericht zu dem Ergebnis, dass das von der Weltgemeinschaft beschlossene Ziel, die Erderwärmung unter 1,5 Grad zu halten, schon 2026 überschritten werden könnte.

In keinem anderen Bereich ist die Abhängigkeit von fossilen Energien größer und in puncto Klimaschutz so wenig passiert wie im Verkehrssektor. Noch immer werden Autos zu über 90 Prozent mit Benzin und Diesel angetrieben und trotz technischer Fortschritte sind die Treibhausgasemissionen des Verkehrs seit 1990 kaum gesunken. Nach wie vor genießt das Auto zahlreiche Privilegien, die gesetzlich gestützt werden: bei der Verkehrsplanung und im Straßenverkehrs- und Steuerrecht. Dabei haben sowohl das Bundesverfassungsgericht mit seinem Klimaurteil im vergangen Jahr als auch ein aktueller Bericht des Bundesrechnungshofs deutlich gemacht, die Politik muss beim Klimaschutz im Verkehr konsequent nachsteuern.

Letzte Chance: Übergreifendes Klimaschutzsofortprogramm

Im Herbst plant die Bundesregierung die Veröffentlichung eines umfassenden Klimaschutzsofortprogramms, wie es im Koalitionsvertrag festgelegt wurde. Der Unterschied: Es ist sektorübergreifend und soll somit Maßnahmen zum Klimaschutz für alle Bereiche, wie Landwirtschaft, Wohnen, Industrie, aber auch Verkehr enthalten.

Volker Wissing muss die Chance nutzen, um endlich wirksame Maßnahmen gegen die hohen CO2-Emissionen im Verkehr umzusetzen und langfristige Weichen für die Verkehrswende zu stellen. Der VCD spricht sich deshalb insbesondere für folgende Maßnahmen aus:

  • Mit dem Bundesmobilitätsgesetz die Verkehrsinfrastrukturplanung von Bund und Ländern verkehrsträgerübergreifend am Klimaschutz und weiteren Nachhaltigkeitszielen ausrichten
  • Klimaschädliche Subventionen abbauen und Steuern und Abgaben im Verkehr konsequent am Klimaschutz ausrichten. Dazu zählen u.a.: Dienstwagenprivileg beenden, Kfz-Steuer um Bonus-Malus-Komponente ergänzen
  • Ausbau- und Investitionsoffensive für den Umweltverbund, Verdopplung der Regionalisierungsmittel und einen Nahverkehrsbeitrag des Bundes: Mehr Geld für Bus und Bahn sowie für sichere Rad- und Fußverkehrsnetze in Stadt und Land

Zu den weiteren Forderungen des VCD gehört auch die Einführung von Tempolimits: Tempo 30 innerorts, 80 km/h auf Landstraßen sowie Tempo 120 auf Autobahnen. Tempolimits wirken unmittelbar, sind nahezu kostenlos und leisten neben der Verringerung des Kraftstoffverbrauchs und der CO2-Emissionen einen wichtigen Beitrag zur Verkehrssicherheit.

Je länger gezögert wird, desto drastischer werden die Maßnahmen, die wir ergreifen müssen, um die schlimmsten Folgen der Klimakrise zu verhindern. Das Verkehrsministerium muss jetzt nachsteuern und einen Plan mit konkreten Maßnahmen für wirksamen Klimaschutz im Verkehr aufsetzen.

Michael Müller-Görnert

Verkehrspolitischer Sprecher des VCD
Fon 030/28 03 51-19
michael.mueller-goernert@vcd.org
Michael Müller-Görnert auf Twitter

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