Die Zukunft des Autos entscheidet sich jetzt

Wie stellen Sie sich die Zukunft des Autos vor? Im Jahr 2030? Werden Sie weiter mit ihrem Pkw an der Tankstelle stehen und am Anzeiger ablesen, wie literweise Diesel oder Benzin in Ihren Tank fließen? Wird es auf den Straßen noch mehr, noch größere und noch schwerere Autos geben, die weiter Schadstoffe in die Umwelt pusten? Oder stellen Sie sich eher kleine und flinke, elektrisch betriebene Pkw vor, schnell aufgeladen mit günstigem Strom aus Erneuerbaren Energien? Autos, die umweltschonend, wenn nötig auch weite Strecken zurücklegen können, die leiser, platzsparender und sicherer fahren, ohne schädliche Abgase zu produzieren?

Beide Zukunftsszenarien sind möglich. Eines davon fühlt sich schal an, wie von gestern, als ob es eigentlich keine Zukunft wäre. Das andere leicht, schlüssig, zukunftsfähig. Welches Szenario Realität wird, entscheidet sich jetzt.

Machtkampf um CO2-Grenzwert

Innerhalb der Bundesregierung tobt ein Machtkampf um die Zukunft des Autos. Bundesumweltministerin Svenja Schulze setzt sich dafür ein, den Umstieg auf den Elektromotor für mehr Klimaschutz im Verkehr möglichst zügig voranzubringen. Bundesverkehrsminister Scheuer stellt sich im Schulterschluss mit der deutschen Autoindustrie dagegen: „Die Vernichtung einer europäischen Leitindustrie mache ich nicht mit!“, so Scheuer. Die Autoindustrie warnt vor einem „Anschlag“ auf ihr Geschäftsmodell.

Hintergrund der hitzigen Debatte ist eine Neuregelung auf EU-Ebene, die die Klimaschäden durch Pkw ab 2021 absenken will: Im Herbst wird das Europaparlament über neue CO2-Grenzwerte für Pkw abstimmen, im Moment laufen die Debatten in und zwischen den EU-Staaten über deren Ausgestaltung.

Die Verantwortung des Verkehrs

Ein niedriger CO2-Ausstoß (also auch Verbrauch von Pkw) tut Not: Denn der Verkehr ist maßgeblich für die Klimaerwärmung verantwortlich. Ein Viertel aller CO2-Emissionen stammen weltweit aus dem Verkehr und zwar wesentlich aus dem Straßenverkehr. In Deutschland haben die CO2-Emissionen aus dem Verkehr seit 1990 allen Klimazielen zum Trotz zugenommen: unter anderem weil die nach wie vor zu 99 Prozent mit Diesel oder Benzin betriebenen Autos auf unseren Straßen immer leistungsstärker und größer werden. SUVs sind inzwischen die meistverkauften Autos auf dem deutschen Markt. Wenn Hitzewellen, Starkregen und Überschwemmungen das Wetter in Deutschland bestimmen, ist das auch auf unsere derzeitige Mobilitätskultur zurückzuführen.

Deutschland hat sich dazu verpflichtet, die Treibhausgase aus dem Verkehr bis zum Jahr 2030 um mindestens 40 Prozent im Vergleich zu 1990 abzusenken. Das bedeutet eine Emissionsminderung um mehr als 70 Millionen Tonnen CO2. Die EU-Kommission hat vorgeschlagen, den CO2-Ausstoß von neuen Pkw bis 2030 so zu reduzieren, dass davon gerade einmal vier Millionen Tonnen in Deutschland erreicht werden könnten. Der Vorschlag ist also viel zu schwach. Das sieht Ministerin Schulze so und das sehen auch die meisten anderen europäischen Umweltministerinnen und Umweltminister so, die sich Ende Juni in Brüssel trafen, um über CO2-Grenzwerte für Pkw zu diskutieren. Frankreich, Belgien, Italien, Schweden, Großbritannien, Niederlande, Portugal – sie alle fordern schärfere Grenzwerte. Deutschland jedoch kann sich aufgrund der Blockadehaltung von Minister Scheuer – der den schwachen EU-Vorschlag unterstützt – bislang auf EU-Ebene nicht geschlossen für mehr Klimaschutz im Verkehr einsetzen.

Mit ihren großen, schweren Diesel- oder Benzin-SUV fährt die deutsche Autoindustrie seit Jahren Milliardengewinne ein. Für die Verbraucher hingegen wird dieses Geschäftsmodell zur teuren Falle. Denn: Hält Deutschland seine Klimaziele nicht ein, müssen wir Milliarden Euro an andere EU-Länder zahlen, die die Klimaziele erreichen. Dafür müssen dann die Steuerzahler gerade stehen. Genauso wie für alle Kosten, die durch die Schäden des Klimawandels entstehen. Und auch für die deutsche Autoindustrie wird das Festhalten am Verbrennermotor zum Bumerang. Langfristig kräht auf den Weltmärkten kein Hahn mehr nach Klimakillern.  

In welcher Zukunft wir leben werden, entscheidet sich jetzt. Die Entscheidung liegt maßgeblich in den Händen der Bundesregierung. Auf dass sie die Entscheidung mutig und vorausschauend trifft und den Weg frei macht für die klimaneutrale Mobilität von morgen.

 

Eine Kurzversion dieses Beitrags ist am 9. Juli im Weser Kurier als <link https: www.weser-kurier.de deutschland-welt external-link-new-window external link in new>Gastkommentar erschienen.

 

Michael Müller-Görnert

Michael Müller-Görnert

ist verkehrsoplitischer Referent beim VCD mit den Schwerpunkten Klimaschutz und Luftreinhaltung im Verkehr.

Michael.Mueller-Goernert@vcd.org
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