Entfernungspauschale
Jetzt keine Rückschritte machen – die Antwort auf steigende Energiepreise darf nicht die Erhöhung der Pendlerpauschale sein
Niemand von uns hätte sich vorstellen können und wollen, dass es wieder zu einem Krieg in Europa kommt. Wie der Krieg uns persönlich betroffen macht, so trifft er uns auch als Land. Durch den Konflikt wird uns vor Augen geführt, dass unsere Energieversorgung und damit auch die bisherige Grundausrichtung der Verkehrspolitik nicht nachhaltig ist – obwohl die Alternativen lange bekannt sind.
Zu den falschen Weichenstellungen unserer bisherigen Verkehrspolitik gehören auch falsche Anreize durch Subventionen. Die sogenannte Pendlerpauschale gehört zu ihnen. Unstrittig ist: steigende Energiepreise belasten die Verbraucher*innen. Besonders davon betroffen sind aber Menschen mit geringem Einkommen, die einen größeren Anteil ihres Einkommens für Energie ausgeben müssen. Die Bundesregierung hat jetzt ein Maßnahmenpaket beschlossen, das eine Erhöhung der Pendlerpauschale (bzw. Entfernungspauschale) beinhaltet. Die Pauschale steigt auf 38 Cent pro Kilometer ab dem 21. Entfernungskilometer.
Umweltschädliche Subventionen sind nicht die Antwort auf soziale Probleme
Von einer erhöhten Entfernungspauschale profitieren vor allem Menschen mit hohem Einkommen, von den steigenden Energiepreisen am härtesten betroffen sind aber die unteren Einkommensgruppen – daher ist sie kein sinnvolles Instrument, um die Menschen zu entlasten die es wirklich brauchen.
Je höher das zu versteuernde Einkommen, desto größer ist die Entlastung durch die Pendlerpauschale. Daher werden Geringverdiener*innen benachteiligt, da sie in der Regel nur relativ wenig oder je nach Gehalt keine Einkommenssteuer zahlen. Zudem profitieren vor allem Menschen mit einem langen Arbeitsweg über 20 Kilometer. Die meisten Arbeitnehmer*innen haben jedoch einen kürzeren Weg. Das heißt aber nicht, dass sie geringere Mobilitätskosten haben. Sie profitieren jedoch kaum, weil der Betrag innerhalb des Arbeitnehmer-Pauschalbetrages liegt.
In den letzten Jahren ist die Zahl der Fernpendler*innen allerdings angestiegen, auch weil die Mieten in den Innenstädten zunehmend unbezahlbar werden und Menschen weiter weg von ihren Arbeitsplätzen verdrängt werden. Das Problem steigender Mieten und Energiekosten kann nicht mit einem Zuschuss zum längeren Arbeitsweg gelöst werden. Die Entfernungspauschale löst weder die soziale Ungerechtigkeit zu hoher Mieten noch leistet sie einen Beitrag zum Klimaschutz, sondern setzt Fehlanreize für noch mehr Zersiedelung und höhere CO2-Emissionen im Verkehr. Stattdessen muss an die Ursachen der Probleme gegangen werden: Gegensteuern lässt sich durch soziale Wohnungspolitik und Förderung des Umweltverbunds.
Die Erhöhung von klimaschädlichen Subventionen darf nicht die Antwort auf steigende Energiepreise sein, zumal wir den Anstieg vor allem den fossilen Energieträgern zu verdanken haben. Der VCD fordert stattdessen die Umwandlung der Entfernungspauschale in ein einkommensunabhängiges Mobilitätsgeld[i], bei dem die Entlastung unabhängig vom individuellen Steuersatz ist. Damit werden Pendelnde mit geringem und mittlerem Einkommen tatsächlich entlastet.
Klimaschutz und Soziale Gerechtigkeit sind kein Widerspruch
Wir dürfen nicht zulassen, dass jetzt der Klimaschutzpolitik und dem CO2-Preis die Schuld für die steigenden Energiepreise gegeben wird. Diese sind klar ein Resultat einer verschleppten Energiewende, Ursache sind vor allem steigende Öl- und Gaspreise, von denen wir uns unabhängig hätten machen können, wenn wir früher und konsequenter in erneuerbare Energien investiert hätten. Den Preis für diese Verschleppung zahlen nun die Verbraucher*innen.
Auch wenn der CO2-Preis nicht die Schuld trägt, kann seine Ausgestaltung zu mehr sozialer Gerechtigkeit beim Klimaschutz beitragen. Hier braucht es endlich die Einführung eines sozial gerechten Rückverteilungsmechanismus, der in Form eines Energiegeldes zum Start des CO2-Preises versprochen, aber bis jetzt nicht eingeführt wurde. Die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung müssen etwa in Form eines Klimageldes an die Bevölkerung zurückgegeben werden. Der Ansatz: alle bekommen den gleichen Betrag ausgezahlt, reichere Menschen die mehr Auto fahren und in größeren Wohnungen wohnen zahlen aber mehr, sodass das Klimageld für einen sozialen Ausgleich sorgen kann.
Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass die Bepreisung von klimaschädlichem Verhalten nur wirken kann, wenn den Menschen auch Alternativen zur Verfügung stehen, um ihr Verhalten zu ändern. Das heißt im Bereich der Mobilität, dass Menschen nur vom Verbrenner-Pkw auf klimaschonende Verkehrsmittel umsteigen können, wenn der Umweltverbund aus ÖPNV, Rad- und Fußinfrastruktur gut ausgebaut ist und eine tatsächliche Alternative zum eigenen Pkw darstellt.
[i] Zur Weiterentwicklung der Pendlerpauschale zu einem Mobilitätsgeld siehe: Agora Verkehrswende und Agora Energiewende (2019): Klimaschutz auf Kurs bringen: Wie eine CO2-Bepreisung sozial ausgewogen wirkt. https://static.agora-verkehrswende.de/fileadmin/Projekte/2019/CO2-Bepreisung/Agora-Verkehrswende_Agora-Energiewende_CO2-Bepreisung_WEB.pdf