Fachsimpeln unter Expert*innen: Die Kinder erkennen die Stärken und Schwächen der verschiedenen Räder.

Kinderfahrrad-Test

Radfahren ist das Größte für die Kleinen

Radfahren ist Freiheit, Unabhängigkeit, Bewegung. Das macht einen Riesenspaß – wenn man ein passendes Fahrrad hat.

| für Familien Radverkehr

Rad ist nicht gleich Rad – das ist die Erkenntnis aus unserem Kinderfahrradtest, für den wir vier Kinder im Alter zwischen sieben und zehn Jahren auf unterschiedliche Räder gesetzt haben. Das Spektrum reichte vom sportlichen Allround-Fahrrad bis zum Kinder-E-Bike.

Die Bandbreite zeigt: Die Angebotspalette an Kinderrädern ist riesig. Umso wichtiger ist es, zu wissen, worauf man beim Kauf eines Kinderfahrrads achten sollte. Und es gibt wahrlich vieles zu bedenken: Die Größe muss stimmen, eine sinnvolle Ausstattung ist wichtig, der Preis muss ins Budget passen. Und am Ende ist den Kindern selbst die Optik oft wichtiger als alles andere.

Am Anfang steht die Theorie

Wie bei eigentlich jeder Kaufentscheidung ist es auch beim Kinderfahrrad wichtig, sich im Vorfeld zu überlegen, wie genau das Rad genutzt werden wird: Fährt das Kind damit täglich zur Schule? Dann braucht es einen Gepäckträger für den Schulranzen, Licht für dunkle Morgen und Schutzbleche für Regen. Oder steht der Fahrspaß am Nachmittag, womöglich sogar auf dem Bike Trail,im Vordergrund? Dann bitte ein leichtes und sportliches Rad. Schutzbleche, Gepäckträger und Licht wären hier eher im Weg und würden am Ende nur kaputtgehen. Oder geht es mehr um Familienausflüge am Wochenende? Dann sollte das Rad bezüglich der angestrebten Geschwindigkeit zum Material der restlichen Familienräder passen. Wenn Mama und/oder Papa auf einem E-Bike sitzen, ist die elektronische Unterstützung eventuell auch für den Nachwuchs sinnvoll.

In der Realität wird man sich selten auf einen einzigen Einsatzzweck beschränken können. Dann gilt wie so oft im Leben: Ein Kompromiss muss her. In diesem Fall kann das zum Beispiel ein minimalistisches Rad sein, das mit Stecklichtern und -schutzblechen bei Bedarf nachgerüstet werden kann.

Bitte nicht zu schwer!

Einen Punkt aber gibt es, der gilt für Erwachsene und noch viel mehr für Kinder: Das Gewicht eines Fahrrads ist entscheidend für das Handling und die Fahrdynamik – und damit auch für die Sicherheit und den Spaß auf dem Rad. Ein kleines Rechenbeispiel: Trekking­räder für

Erwachsene wiegen gerne so um die 15 Kilogramm, der Fahrer vielleicht 75. Das Rad wiegt also ein Fünftel des Fahrers. Bei 30 Kilo Körpergewicht – das bringt ungefähr ein zehnjähriges Kind auf die Waage – dürfte ein Rad folglich um die sechs Kilo wiegen. Das ist bautechnisch kaum zu schaffen. Aber immerhin ist in den letzten Jahren das Thema „Gewicht von Kinderrädern“ mehr und mehr ins Bewusstsein von Herstellern wie Käufer*innen gerückt. Für neue Hersteller wie Vilu, Academy oder Kaniabikes war es sogar Grund für die Markengründung.  

Am Ende zählt die Praxis

Bei Kinderfahrrädern wird zur Größenkennzeichnung nicht wie bei Erwachsenenrädern die Größe des Rahmens angegeben, sondern die der Laufräder. Die kleinsten Kinderfahrräder haben zwölf Zoll große Räder, danach geht es in Zweierschritten aufwärts bis zum 26-Zoll-Rad. Die eine oder andere Größe wird ein Kind vielleicht überspringen können, denn mit der richtigen Einstellung von Lenker- und Sattelhöhe lässt sich unter Umständen einiges ausgleichen. Dennoch sollte man der passenden Fahrradgröße ausreichend Beachtung schenken, denn Spaß und Sicherheit sind nur mit einem entsprechenden Rad gegeben.

Ein Kind wird daher regelmäßig ein neues Fahrrad brauchen. Wobei „neu“ nicht immer neu heißen muss. Weil jedes Kind schneller aus dem Rad rauswächst, als man schauen kann, gibt es viele gut erhaltene Kinderräder auf dem Gebrauchtmarkt. Also nicht auf „Hineinwachsen“ kaufen - die Familienkasse kann auch geschont werden, wenn ein gebrauchtes Rad gekauft wird.

Doch wie bestimmt man nun die passende Radgröße? Es gibt Orientierungstabellen, um anhand der Körpergröße des Kindes die passende Radgröße zu finden. Wer es genauer machen will, misst die Schrittlänge des Kindes oder, noch genauer: setzt das Kind aufs Rad und lässt es Probe fahren.

Eine Probefahrt durch das Kind ist tatsächlich das Beste, was man machen kann. Man wird überrascht sein, was einem Kind alles an Unterschieden auffällt! Wie auch ein Erwachsener wird es sich auf dem einen Rad wohler fühlen als auf einem anderen. Das haben wir einmal mehr erfahren, als wir den Nachwuchs der fairkehr-Redaktion auf uns zur Verfügung gestellte Testräder gesetzt haben.

„Die Griffe sind aber unbequem“, „Ich rutsche ständig vom Pedal“, „An diesem Rad ist es ganz schön schwierig, einen einzelnen Gang hochzuschalten“ – wären Ihnen als Eltern diese Details aufgefallen?  

Darauf sollten Sie beim Kauf von Kinderfahrrädern achten

Die fairkehr-Redaktion gibt Tipps, worauf sie beim Kauf von Kinderfahrrädern unbedingt achten sollten.

  1. Damit das Kind auch im Dunkeln sicher unterwegs ist, muss das Rad mit einer Lichtanlage ausgestattet sein. Zu den Woom-Rädern kann man sich optional Stecklichter kaufen, die anderen Räder sind bereits ab Werk mit Vorder- und Rücklicht ausgestattet – das Puky sogar mit Standlicht sowie Automatiksensor und das S‘COOL E-Trox mit Bremslichtfunktion.
  2. Sowohl das S‘COOL chix als auch das Puky kommen mit Nabendynamo daher. Für die Ausleuchtung der Straße ist das gut, für das Gewicht des Fahrrads nicht. Die Lampe des S‘COOL E-Trox zieht den Strom aus dem Akku. Eine smarte Lösung, solange dieser Saft hat.
  3. Beim Blick auf die Mäntel sollte man den Einsatzzweck im Auge behalten. Wer mit dem Rad auch auf Wiesen und im Wald unterwegs sein möchte, sollte ein gröberes Profil wählen, wie an den Wooms oder am Puky. Auf Asphalt rollen und haften glattere Profile besser.
  4. Eine Federgabel erhöht das Gewicht eines Fahrrads nicht unerheblich. Sie ist deswegen höchstens bei größeren Kindern sinnvoll und wenn diese auch tatsächlich auf ruppigem Untergrund unterwegs sind.
  5. Für den Schulranzen, das Musikinstrument und die Sporttasche braucht das Fahrrad einen Gepäckträger. Serienmäßig war von unseren Testrädern nur das S‘COOL chix entsprechend ausgestattet. Alle anderen Räder hatten Gewindebohrungen für eine optionale Anbringung.
  6. Fahrradständer ist nicht gleich Fahrradständer! Am S‘COOL chix war er eher wackelig, an Puky und S‘COOL E-Trox deutlich solider. Die Woom-Räder dagegen werden ganz ohne Ständer ausgeliefert.
  7. Kommen Höhenmeter ins Spiel, ist eine Gangschaltung sinnvoll. Auch bei Kinderrädern stellt sich dann die Frage: Naben- oder Kettenschaltung? Eine Nabenschaltung ist wartungsarm und robust, dafür teurer und schwerer als eine Kettenschaltung. Die wiederum ist defektanfälliger bei Stürzen und bei einem zu sorglosen Umgang mit dem Rad.
  8. Das koordinierte Zusammenspiel aus Schalten und Treten lernen die Kinder am besten mit einer Drehgriffschaltung. Aber es gibt Unterschiede in der Bedienungsfreundlichkeit. Achten Sie auf einen leichtgängigen Drehgriff, mit dem sich die einzelnen Gänge zielsicher treffen lassen.
  9. Während Erwachsenenräder fast nur noch mit Scheibenbremsen ausgestattet sind, haben die Hersteller unsere Test­räder durchweg mit Felgenbremsen bestückt. Das ist auch empfehlenswert, denn eine gute V-Bremse ist deutlich besser als eine (nicht selten verbaute) schlechte Scheibenbremse – leichter und günstiger noch dazu.
  10. Als einziges Rad in unserer Auswahl hat das S‘COOL chix einen großen Kettenschutz. Die minimalistischen Kettenschutzringe an den restlichen Rädern schützen zwar das Kettenblatt vor Beschädigungen, nicht aber das Hosenbein vor Verschmutzung.
  11. Besonders gut gefallen hat uns die Steuer­einheit am Woom. Dank des Vario-Vorbaus kann der Lenker nicht nur höher gestellt, sondern auch die Sitzposition verlängert werden. Das Fahrrad wächst so ein Stück weit mit dem Kind mit.
  12. Ein (leicht auszutauschendes) Detail, das für den Komfort aber durchaus einflussreich ist, sind die Griffe. Beim S‘COOL E-Trox zum Beispiel sind sie ergonomisch geformt, bei den Wooms zusätzlich mit einem seitlichen Prallschutz ausgestattet.
  13. Auch bei den Pedalen lohnt es sich, genau hinzuschauen, denn sie sollen einen sicheren Tritt ermöglichen. Die an den Wooms montierten Pedale bieten diesbezüglich doppelt so viel Standfläche wie die am S‘COOL chix. Reflektoren gleich in drei Richtungen haben die Pedale am Puky.

So sind wir vorgegangen

Wir haben bei diversen Herstellern angefragt, ob sie uns für unseren Artikel ein Kinderfahrrad zur Verfügung stellen können. Zur Art des Rades haben wir keine weiteren Vorgaben gemacht, um ein möglichst breites Einsatzspektrum abdecken zu können. Lediglich die Größe sollte mit 20 bis 24 Zoll zu unseren Tester*innen passen. Woom, Puky und S`COOL sind unserer Bitte gefolgt und konnten trotz akuter Lieferprobleme in der gesamten Fahrradbranche vorübergehend Räder entbehren. Den Praxistest haben Romi, Noah, Jonathan und Benjamin übernommen, die die Räder gefahren und uns ihre Eindrücke geschildert haben.

Katharina Garus

ist seit 2021 Redakteuerin bei der fairkehr.
katharina.garus@fairkehr.de

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