Christoph Ploß (CDU) im Interview

„Anreize zum Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsträger setzen“

Im Vorfeld der Bundestagswahl haben wir Expert*innen der fünf großen Parteien zum Thema Verkehrspolitik befragt: Wie sieht für sie die Mobilität der Zukunft aus? Was würden sie tun, wenn sie Verkehrsminister*in wären? Und wie stehen sie zum Bundesmobilitätsgesetz? Heute im Kurzinterview: Christoph Ploß von der CDU

| VCD Kernforderungen für die Verkehrswende Bundestagswahl 2021

Wenn Sie Verkehrsminister wären – was bringen Sie direkt an Ihrem ersten Arbeitstag auf den Weg?

Christoph Ploß: Mobilität der Zukunft heißt nicht nur eine Veränderung der Antriebstechnologien, sondern auch Vernetzung der unterschiedlichen Verkehrsträger und Verkehrsteilnehmer. Mein Ansatz ist eine Politik, die auf Anreize zum Umstieg auf klimafreundliche Verkehrsträger setzt, nicht auf Verbote. Um die Mobilität der Zukunft und nachhaltige Antriebe voranzubringen, benötigen wir gleiche Rahmenbedingungen für alle Antriebsformen, ein sogenanntes Level Playing-Field. Nur so haben Wasserstoff, klimaneutrale Kraftstoffe und batteriebetriebene Elektromobilität eine Chance, sich auf dem Markt zu etablieren. Hierfür müssen die gesetzlichen Bestimmungen angepasst werden. Dies ist auch unerlässlich für die Zukunftsfähigkeit des Standortes Deutschland.

Und wenn wir auf die ersten 100 Tage einer neuen Regierung schauen: Der VCD fordert unter anderem, klimaschädliche Subventionen wie Dieselprivileg, Entfernungspauschale oder geldwerten Vorteil bei der Dienstwagennutzung abzuschaffen, eine europaweite Kerosinbesteuerung umzusetzen sowie die Mobilitätsbildung zu fördern – auch finanziell. Welche drei Maßnahmen sind Ihrer Meinung nach verkehrspolitisch die wichtigsten?

Christoph Ploß: Zum einen müssen wir den Verkehr, wo es geht, weg von der Straße hin zur Schiene lenken, weshalb ich es sehr begrüße, dass wir uns in der zu Ende gehenden Legislaturperiode unter anderem erfolgreich für den massiven Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, des schienengebundenen Fernverkehrs und der Digitalisierung des Schienennetzes eingesetzt haben. Es ist das erste Mal, dass Deutschland mehr in die Schiene investiert als in die Straße. Diesen Weg wollen wir auch nach der Bundestagswahl fortsetzen, indem zum Beispiel stillgelegte Bahnstrecken wieder an das Netz angeschlossen werden. Unser Ziel ist es, bis 2030 die Zahl der Fahrgäste zu verdoppeln und den Anteil der Schiene am Güterverkehr deutlich zu steigern. 

Des Weiteren wollen wir, etwa mit dem Schnellladegesetz, die Ladeinfrastruktur für die batteriebetriebenen Fahrzeuge flächendeckend ausweiten. Zwar kommen wir innerstädtisch gut von A nach B, aber die Lademöglichkeiten reichen nicht aus, um der steigenden Zahl von E-Autos gerecht zu werden. Zudem brauchen wir ein deutschlandweites Netz, damit eine Fahrt von München nach Hamburg ohne Ladeschwierigkeiten verläuft. Nur wenn sich eine Möglichkeit, das Auto schnell zu laden, in Reichweite befindet, lohnt sich die Fahrt mit dem E-Auto.

Drittens müssen wir weiter das Planungsrecht reformieren. Schienenprojekte dauern im Durchschnitt 20 Jahre von der Planung bis zum Bau. Um die Klimaschutzziele zu erreichen, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu stärken und die Mobilität zu verbessern, ist eine schnellere Realisierung von Infrastrukturvorhaben unerlässlich. Wir sprechen uns daher dafür aus, sämtliche Akten und Urkunden bei Planungsprozessen zu digitalisieren. Umweltverbände sollen darüber hinaus nur klagen dürfen, wenn die Belange des entsprechenden Verbands direkt betroffen sind oder eine ordnungsgemäße Beteiligung der Umweltverbände im Verwaltungsverfahren nicht gegeben war. Einwände der Umweltverbände, die erst vor Gericht erhoben werden, müssen ausgeschlossen werden dürfen, um eine weitere Verzögerung der Vorhaben zu vermeiden. Sonst würde auch in Zukunft das Verbandsklagerecht pauschal für die Blockade von Infrastrukturprojekten benutzt werden. Die Klagen von Umweltverbänden sollten sich allein auf umweltbezogene Rechtsvorschriften beschränken und nicht mehr zum Beispiel auf wirtschaftlichen Bedenken oder dem reinen Ausnutzen von Formfehlern, von denen die Kläger gar nicht direkt betroffen waren, beruhen können. Grundsätzlich sollten alle Klageberechtigten verpflichtet werden, alle ihnen bekannten verfahrensrelevanten Umstände bereits im Verwaltungsverfahren mitzuteilen, anstatt erst hinterher zu prozessieren. Darüber hinaus brauchen wir eine stärkere Standardisierung von umweltfachlichen und technischen Fragen und eine bessere Vernetzung der Behörden untereinander, damit die fachlichen Maßstäbe nicht erst in einem langwierigen Verfahren entwickelt werden. Derzeit müssen die Planungen gemäß den neuesten fachlichen Erkenntnissen und Gesetzen während des laufenden Verfahrens angepasst werden. Dadurch kommt es während der Planung häufig zu Verzögerungen und langwierigen Überarbeitungen, weil sich technische oder verkehrliche Rahmenbedingungen ändern. Eine gesetzliche Stichtagsregelung soll es ermöglichen, dass Änderungen nach einem bestimmten Stichtag nicht mehr berücksichtigt werden müssen. Dies würde die Planbarkeit von Infrastrukturprojekten verbessern und die Zeit vom Planungsbeginn bis zum Bau verkürzen.

Was halten Sie vom Bundesmobilitätsgesetz, das der VCD vorgeschlagen hat? Warum setzen Sie sich dafür ein bzw. warum nicht?

Christoph Ploß: Viele Ideen unterstütze ich vom Grundgedanken her. Ob Elektroautos in den Innenstädten, voll automatisierte Lkw mit Brennstoffzellen oder Flugzeuge und Schiffe, die mit synthetischen Kraftstoffen wie E-Fuels betankt werden – wir brauchen einen Wettbewerb der Technologien, der unterschiedliche, anwendungsspezifische Antriebslösungen ermöglicht. Die deutsche Wirtschaft wird vom Markthochlauf des Wasserstoffs ebenfalls profitieren, da neue Arbeitsplätze geschaffen und die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands gesichert werden. Grüner Wasserstoff und Brennstoffzellen sind – quer über alle Verkehrsträger hinweg – eine sinnvolle Ergänzung zu reinen Batteriefahrzeugen.

Auch die Idee der Vision Zero unterstütze ich. In Zukunft soll es daher für Lkw verpflichtend sein, einen Abbiegeassistenten zu installieren, damit die Zahl der Unfälle weiter reduziert werden kann. Wir brauchen jedoch eine gesamteuropäische Lösung, da es wenig sinnvoll ist, an dieser Stelle kleinteilig zu denken. Wieso muss ein deutscher Lkw-Fahrer bestimmte Sicherheitsstandards einhalten, wenn der Lkw aus Spanien nicht zur Sicherheit der Radfahrer und Fußgänger beiträgt?

Stichwort Generationengerechtigkeit beim Thema Klima: Wenn Sie Ihre Verkehrspolitik umsetzen können, was werden Menschen im Jahr 2050 sagen, wenn sie über unser Jahrzehnt sprechen?

Christoph Ploß: Sie werden vielleicht sagen: viele Weichenstellungen für eine Mobilität der Zukunft vorgenommen, damit der Verkehrssektor seinen Beitrag zum Erreichen unserer Klimaschutzziele leisten konnte. Dazu zählte der Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, Investitionen in die Radinfrastruktur und in die digitale und intelligente Vernetzung des Straßen- und Schienenverkehrs – Stichwort: autonomes Fahren.

Sind Sie schon klimafreundlich unterwegs, fahren Sie Dienstrad oder -wagen? Woran hapert es?

Christoph Ploß: Zwischen meinem Wahlkreis und Berlin bin ich fast ausschließlich mit der Bahn unterwegs. Auch für Reisen in andere Teile Deutschlands nehme ich meistens den Zug. In meiner Heimatstadt Hamburg nutze ich in den meisten Fällen den öffentlichen Nahverkehr oder gehe zu Fuß. Ich selbst besitze gar kein Auto.

Wie beschreiben Sie die Mobilität der Zukunft? In drei Worten! 

Christoph Ploß: Nachhaltig, vernetzt und gut erreichbar.

 

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