ÖPNV-Zugänglichkeit: Einfach und klar muss es sein!

Ob Groß-, Mittel- oder Kleinstadt – neben Preis und Takt entscheiden gute Informationen ob der Nahverkehr genutzt wird. Deutsche Städte haben Nachholbedarf, so das Ergebnis des VCD-Tests zur Benutzerfreundlichkeit des Nahverkehrs.

Für die Wahl des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) mit Bussen, Bahnen und Zügen reichen gute Fahrplanangebote und Preise nicht aus. Einfach und leicht nutzbar muss er sein.

Um herauszufinden, welche Bedeutung den sogenannten „weichen“ Faktoren im Nahverkehr aktuell eingeräumt wird, hat der ökologische Verkehrsclub VCD sechs unterschiedliche Nahverkehrsregionen untersucht. Im Fokus der Tests in den Großstädten Köln und Hannover, den Mittelstädten Bamberg und Lutherstadt Wittenberg sowie in den beiden Landkreisen Meißen (Sachsen) und Vogelsbergkreis (Hessen), standen Angebot und Qualität von Informationen, Erscheinungsbild von Halte- und Verkaufsstellen, Bedienungsfreundlichkeit, Barrierefreiheit sowie die Verknüpfung mit anderen Verkehrsmitteln des Umweltverbundes.

Ein zentrales Ergebnis ist: Die Informationen an Haltestellen und in den Fahrzeugen, sei es zu Tarifen, Linienverlauf oder Umsteigemöglichkeiten, ist nicht ausreichend. Fast alle Untersuchungsgebiete bieten zwar per Internet und App gute bis sehr gute Vorab-Informationen an, doch an Haltestellen fehlen vielfach grundlegende Informationen, wie z.B. Liniennetz- und Umgebungspläne und in den Fahrzeugen Anzeigen oder Durchsagen.

Gregor Kolbe, VCD-Projektleiter des ÖPNV-Zugänglichkeitscheck: „Gute und umfangreiche Informationen vor und während der Fahrt sind elementar für den ÖPNV. Sie dürfen nicht einfach auf dem Weg zur Haltestelle enden. Insbesondere Fahrgäste, die den Nahverkehr eher selten nutzen, stehen immer wieder vor bekannten Problemen. Was ist das richtige Ticket für mich, wo muss ich umsteigen? Sehen sich diese Fahrgäste mehrfach mit schwer lösbaren Problemen konfrontiert, wenden sie sich vom ÖPNV ab.“

Ein zweites großes Defizit zeigt sich bei der Verknüpfung vorhandener Verkehrsmittel. Ob fehlende Fahrradständer an Haltestellen, mangelhafte Informationen zur Radmitnahme im ÖPNV oder den Umstiegsmöglichkeiten zu Carsharing-Anbietern – Angebote fehlen.

Michael Ziesak, VCD-Bundesvorsitzender: „Die Verkehrsträger sollten sich nicht mehr als Konkurrenz sehen, sondern vielmehr ergänzen. Denn ist ein flexibler und einfacher Wechsel zwischen den Verkehrsmitteln möglich, steigt die Attraktivität des ganzen Umweltverbundes. Kommunen, Verkehrsunternehmen und Anbieter von Sharing-Systemen müssen in diesem Punkt stärker miteinander kommunizieren und zusammenarbeiten. Hier steckt viel Potential drin, Verbraucher langfristig als Kunden gewinnen zu können.“

Neben den gemeinsamen Schwächen bei der Fahrgastinformation und der Verkehrsmittel-verknüpfung gibt es aber auch Stärken. So überzeugt das Erscheinungsbild des ÖPNV in Köln, Hannover, Meißen und im Vogelsbergkreis. Positiv hervorzuheben ist zudem die Barrierefreiheit des Nahverkehrs in Köln und Hannover.

Insgesamt überwiegt aber der Handlungsbedarf. So erhält der Nahverkehr von Köln, Hannover, Meißen und dem Vogelsbergkreis die Gesamtnote „Befriedigend“ für ihre Nutzerfreundlichkeit – aufgrund der oben genannten Defizite. Für Bamberg und Lutherstadt Wittenberg reicht es insgesamt nur zu einem „Ausreichend“. In Lutherstadt Wittenberg konnte der ÖPNV auch über die Kriterien Information und Verkehrsmittelverknüpfung hinaus in keinem Merkmal zur einfachen Nutzung überzeugen. In Bamberg konnte zumindest die Qualität der Verkaufsstellen mit gut bewertet werden.

Der vom VCD entwickelte ÖPNV-Zugänglichkeitscheck basiert auf objektiven und somit reproduzierbaren Prüfkriterien, wie dem Vorhandensein gültiger Fahrpläne an Haltestellen, hörbaren Durchsagen zum nächstmöglichen Aus- und Umstieg oder dem Angebot einer Online-Verbindungsauskunft für barrierefreies Reisen. Eine rein subjektive Einschätzung und somit schlechte Vergleichbarkeit wurde somit verhindert.

Zusammen mit einer differenzierten Auswertung des ÖPNV vor Ort erhalten nun die Verkehrsunternehmen und Kommunen konkrete Handlungsempfehlungen, wie die Nutzung des Nahverkehrs einfacher gemacht und damit verbessert werden kann.

Gregor Kolbe: „Der Nahverkehr kann noch für viel mehr Menschen eine tatsächliche Alternative zum eigenen Auto sein, dafür muss er aber noch einfacher nutzbar werden. Verständliche Informationsaushänge an Haltestellen und in Fahrzeugen sind kostengünstige und leicht realisierbare Lösungen. Kombiniert mit einem umfassenden und leicht nutzbaren Informationsangebot online, wäre schon viel getan. Hier müssen alle Verantwortlichen vor Ort zusammenarbeiten. Denn davon profitieren alle – Fahrgäste, Verkehrsunternehmen und die Umwelt.“

Die Untersuchungsergebnisse der sechs Regionen des ÖPNV-Zugänglichkeitscheck finden Sie unter: <link themen oeffentlicher-personennahverkehr oepnv-zugaenglichkeitscheck>www.vcd.org/themen/oeffentlicher-personennahverkehr/oepnv-zugaenglichkeitscheck/.

 

Für Rückfragen und Interviewwünsche:

Anja Smetanin, VCD-Pressesprecherin • Fon 030/280351-12 • Fax -10 • <link>presse@vcd.org

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