StVO-Kompromiss: Rechtssicherheit schaffen, Menschenleben schützen

Morgen stimmt der Bundesrat erneut über die Reform der StVO ab. Nach langem politischem Stillstand liegt ein akzeptabler Kompromiss vor. VCD fordert Bundesrat auf, dem Vorschlag zuzustimmen, damit die Regelungen in Kraft treten können.


Berlin, 05. November 2020. Der ökologische Verkehrsclub VCD erwartet im Streit um die Straßenverkehrsordnung eine Einigung im Bundesrat. Wegen eines Formfehlers sind Teile der StVO-Novelle weiter ungültig. Doch anstatt den von seinem Ministerium verursachten Fehler zu beheben, will Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer die Gelegenheit nutzen und die vorgesehenen schärferen Strafen für Raser abmildern. Unterstützung erhält er dabei von den unionsgeführten Bundesländern, während andere Landesregierungen entschieden dagegen sind - bestärkt vom VCD und zahlreichen weiteren Umwelt- und Verkehrsverbänden. Nun liegt ein Kompromissvorschlag vor, der zwar die Schwelle für Fahrverbote erhöht, im Gegenzug aber Bußgelder für Raser nahezu verdoppelt und das Einrichten von Pop-up-Radwegen erleichtert. Der VCD fordert den Bundesrat auf, den Stillstand endlich zu beenden und dem Kompromiss zuzustimmen.

Kerstin Haarmann, VCD Bundesvorsitzende: „Noch Ende letzten Jahres feierte sich Bundesverkehrsminister Scheuer dafür, mit seinem Gesetzesvorschlag die Sicherheit für Radfahrer und Fußgänger zu verbessern. Im Nachhinein dann die Strafen für Raser abmildern zu wollen, ist ein Unding. Autofahrer vor Fahrverboten zu bewahren, ist ihm offensichtlich wichtiger als die allgemeine Sicherheit auf unseren Straßen. Der Kompromissvorschlag gibt dem Minister nun die Möglichkeit, zu zeigen, dass er die im Koalitionsvertrag verankerte „Vision Zero“ doch ernst nimmt, indem er die unionsgeführten Bundesländer zur Unterstützung des Vorschlags aufruft.“

Der VCD hatte dazu aufgerufen, an die Verantwortlichen in den Bundesländern zu appellieren, keinen Rückschritt bei der Verkehrssicherheit zuzulassen. Über 3.800 Bürgerinnen und Bürger sind dem Aufruf gefolgt und haben ein entsprechendes Schreiben an die jeweiligen Landesverkehrsministerien geschickt. Mit dem aktuellen Vorschlag liegt ein akzeptabler Kompromiss vor. Deshalb fordert der VCD die Länder auf, diesem Kompromiss zuzustimmen – um endlich Rechtssicherheit zu schaffen und wichtige Verbesserungen für die Verkehrssicherheit nicht aufs Spiel zu setzen.

„Der VCD hat von Beginn an die Beibehaltung des Strafmaßes gefordert, wie es bereits demokratisch beschlossen war“, betont Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD: „Kommt es aber morgen zu keinem Ergebnis im Bundesrat, bleibt vorerst alles bei der alten Fassung von Straßenverkehrsordnung und Bußgeldkatalog – ohne die vielen Verbesserungen für die Sicherheit von Fußgängern und Radfahrerinnen. Das wäre ein Schlag ins Gesicht aller ungeschützten Verkehrsteilnehmenden und ein fatales Signal für die Verkehrssicherheit. Darum unterstützen wir den Kompromissvorschlag.“

Um den Fuß- und Radverkehr sicherer zu machen, braucht es grundsätzlich niedrigere Geschwindigkeiten und entsprechende Sanktionen, damit diese auch eingehalten werden. So können Bremswege enorm verkürzt und Aufprallgeschwindigkeiten verringert werden. Dadurch lassen sich viele Unfälle vermeiden oder zumindest ihre Schwere erheblich verringern. Die Geldbußen für Geschwindigkeitsverstöße auf das Niveau unserer europäischen Nachbarländer anzuheben, wie es der Kompromiss vorsieht, ist daher ein dringend notwendiger Schritt für mehr Verkehrssicherheit.

Der Kompromissvorschlag enthält auch andere, wichtige Verbesserungen wie die erleichterte Einrichtung von Pop-Up-Radwegen und die erweiterte Experimentierklausel. Um den Fuß- und Radverkehr im Sinne der Verkehrswende zu stärken, muss ihnen der rote Teppich ausgerollt werden. Pop-Up-Radwege, Spielstraßen oder Begegnungszonen müssen unbürokratisch eingerichtet und verstetigt werden können. Es ist wichtig und überfällig, die Voraussetzungen zu schaffen, um neue Regeln oder Verkehrsmaßnahmen erproben und etablieren zu können.

Damit die Verkehrswende gelingt, muss schnellstmöglich auch das Straßenverkehrsgesetz angepasst werden. In einer weiteren StVO-Novelle sollten neben der Gefahrenabwehr weitere Ziele wie Vision Zero, Klima- und Umweltschutz verankert werden. Um auf Bundesebene dafür einen geeigneten rechtlichen Rahmen zu schaffen, setzt sich der VCD für ein Bundesmobilitätsgesetz ein.
 

Pressekontakt:
Anne Fröhlich, Pressereferentin VCD • 0171/60 52 409 • presse@vcd.orgwww.vcd.org Twitter: @VCDeV 
 

Der ökologische Verkehrsclub VCD ist ein gemeinnütziger Umweltverband, der sich für eine umweltverträgliche, sichere und gesunde Mobilität einsetzt. Im Mittelpunkt steht dabei der Mensch mit seinen Bedürfnissen und Wünschen für ein mobiles Leben. Seit 1986 kämpft der VCD für ein gerechtes und zukunftsfähiges Miteinander aller Menschen auf der Straße – egal, ob sie zu Fuß, auf dem Rad, mit Bus und Bahn oder dem Auto unterwegs sind. Dafür arbeitet er vor Ort mit zwölf Landesverbänden und rund 140 Kreisverbänden und Ortsgruppen, bundesweit und europaweit vernetzt. Rund 55.000 Mitglieder, Spender und Aktivistinnen unterstützen die Arbeit des VCD für eine zukunftsfähige Mobilität.

 

zurück

Cookie-Einstellungen ändern