Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat eine Schulden­obergrenze für die Deutsche Bahn festgelegt. Ohne diese zu überschreiten, kann sich die DB kein Geld mehr am Kapitalmarkt leihen.

Finanzierung von Bahnen und Gleisen

Die Geldströme zwischen Bund, Ländern, Deutscher Bahn und den Privatbahnen erklärt

| Bahn

Die Geldströme im Bahnsektor sind riesig und komplex. Zwischen dem Bund, den Ländern, der Deutschen Bahn AG (DB), die auch Herrin über Schienennetz und Bahnhöfe ist, und den anderen Eisenbahnunternehmen fließen Milliardenbeträge. fairkehr erklärt, wo das Geld herkommt und wo es hinfließt, was der Staat subventioniert und was nicht.

Fernverkehr

Im Fernverkehr hat die Deutsche Bahn mit einem Marktanteil von 99 Prozent ein Monopol. Der Fernverkehr funktioniert eigenwirtschaftlich und wird nicht vom Staat subventioniert. Die Deutsche Bahn AG und Konkurrenten wie Flixtrain müssen die Ausgaben für Personal, Loks, Waggons, Wartung und die Trassenpreise über Ticketverkäufe decken.

Nahverkehr 

Der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) ist weniger lukrativ als der Fernverkehr. Als Teil der Daseinsvorsorge wird der Betrieb von regionalen Bahnlinien staatlich bezuschusst. Der Bund zahlt Geld, die sogenannten Regionalisierungsmittel, an die Länder. Diese schreiben den Bahnverkehr auf den Strecken aus und bezuschussen den Betrieb. Über die Ausschreibungen konnten sich Mitbewerber der Deutschen Bahn 26 Prozent Marktanteil erobern. Die Regionalisierungsmittel sind 2016 auf 8,2 Milliarden Euro festgelegt worden und steigen jährlich um 1,8 Prozent. Die Bundesregierung plant, im Rahmen des Klimaschutzpaketes den Zuschuss nochmals um einen dreistelligen Millionenbetrag pro Jahr aufzustocken.

Der DB-Konzern 

Die Deutsche Bahn AG besteht aus einer Vielzahl von Unternehmen. DB Fernverkehr und DB Regio sind für Bahn- und Busverkehre in Deutschland zuständig, DB Cargo für den Güterverkehr. DB Schenker ist ein Internationales Logistikunternehmen. DB Netz, DB Station & Service und DB Energie sind für die Infrastruktur zuständig und werden daher auch als Eisenbahninfrastrukturunternehmen bezeichnet. DB Arriva bietet vor allem Bahn- und Busverkehre in 14 europäischen Ländern an. Der Bundesrechnungshof kritisiert die internationalen Geschäfte der DB, da diese nicht vom grundgesetzlichen Gewährleistungsauftrag des Bundes umfasst würden. Der Rechnungshof fordert daher den Verkauf von DB Arriva und DB Schenker, was auch die Kassen der hochverschuldeten Bahn füllen würde. DB Arriva steht für vier Milliarden Euro zum Verkauf.

Trassenpreise 

Sowohl die DB als auch die Privatbahnen zahlen eine Gebühr, die sogenannten Trassenpreise, für die Nutzung des Schienennetzes und der Bahnhöfe. Das Geld, 5,1 Milliarden Euro für Personen- und Güterverkehr im Jahr 2018, fließt an DB Netz und DB Station & Service, die es in die Infrastruktur investieren. Die Trassenpreise machen einen hohen Anteil der Ticketpreise von etwa 20 bis 25 Prozent aus und sind das Äquivalent zu einer Maut zur Finanzierung von Straßen. Der VCD fordert eine Reduzierung der Gebühren um durchschnittlich 50 Prozent. Auf lukrativen Strecken sollen die Trassenpreise weniger stark sinken als auf Strecken, die die Bahnunternehmen schwerlich wirtschaftlich fahren können. Die geringeren Einnahmen soll der Bund durch Steuermittel ausgleichen. Zudem fordert der VCD eine Maut, um Wettbewerbsgleichheit zwischen Schiene und Straße zu gewährleisten und um Verkehr auf die Schiene zu verlagern.

Netzausbau 

Im Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSWAG) legt der Bundestag alle fünf Jahre fest, welche Infrastrukturprojekte, etwa neue Bahnhöfe und Trassen, gebaut werden sollen. In der Regel übernehmen die Abgeordneten Projekte, denen die Gutachter des Bundesverkehrsministeriums (BMVI) ein positives Nutzen-Kosten-Verhältnis bescheinigen. Der Bundestag kann aber auch eigene Projekte einbringen. 2020 sinken die Mittel für den Neubau von Schienenprojekten auf 1,5 Milliarden Euro. 2021 will der Bund 1,55 Milliarden Euro investieren. Enak Ferlemann, Parlamentarischer Staatssekretär im BMVI, taxierte im Interview mit der Eisenbahntechnischen Rundschau den langfristigen Bedarf auf drei Milliarden Euro jährlich.

Baufällige Infrastruktur 

Über die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarungen (LuFV) hat der Bund die Eisenbahninfrastrukturunternehmen seit 2009 mit 30 Milliarden Euro dabei bezuschusst, baufällige Infrastruktur, etwa kaputte Eisenbahnbrücken, zu ersetzen. In der LuFV III für den Zeitraum von 2020 bis 2029 sind dafür 86 Milliarden Euro eingeplant. Wobei 62 Milliarden Euro vom Bund kommen und die Bahn einen Eigenanteil von 24 Milliarden Euro stemmen muss. Das Geld darf ausschließlich für Ersatzinvestitionen eingesetzt werden, nicht aber, um beschädigte Brücken und Gleise zu reparieren und zu warten. Der Bundesrechnungshof kritisiert das LuFV in seiner aktuellen Form: Es könne zu dem Fehlanreiz führen, die Instandhaltung zu vernachlässigen und stattdessen vorzeitige Ersatzinvestitionen mit Bundesmitteln zu finanzieren. Der Rechnungshof empfiehlt daher die Überarbeitung der LuFV.

Digitales Schienennetz 

Über das Europäische Zugbeeinflussungssystem ETCS soll der Bahnverkehr in Deutschland digitalisiert und an europäische Standards angepasst werden. Um die Infrastruktur nachzurüsten, sind im Bundeshaushalt 2020 500 Millionen Euro eingestellt. Das BMVI plant laut Staatssekretär Ferlemann, die Summe auf 1,5 Milliarden Euro jährlich zu erhöhen.

Teure Großprojekte 

Bauprojekte wie Stuttgart 21 reißen Löcher in die leere Kasse der Deutschen Bahn. Ihr Eigenanteil beim Neubau des Projektes liegt bei fünf Milliarden Euro, die Gesamtkosten bei geschätzten 8,2 Milliarden Euro. „Stuttgart 21 wird die Kassen der Bahn und des Bundes in den nächsten Jahren belasten und bringt das Bahnsystem nicht weiter. Um solche Fehlinvestitionen in Zukunft zu verhindern, muss das BMVI zuerst den Deutschland-Takt, einen integralen Taktfahrplan (S. 16 ff.) festlegen und ihn zur Maßgabe des Schienenausbaus machen. Erst wenn feststeht, wo und wann Züge fahren sollen, kann die DB das Schienennetz entsprechend ausbauen. Kleine Maßnahmen, wie ein zusätzliches Gleis, bringen oft viel mehr für die Zuverlässigkeit oder die Kapazität des Netzes als teure Großprojekte“, sagt Philipp Kosok, VCD-Sprecher für Bahnverkehr.

Verschuldete Bahn 

Die Deutsche Bahn ist laut Bundesrechnungshof mit 25,4 Milliarden Euro verschuldet und machte nach Steuern 2018 200 Millionen Euro Verlust. Der Jahresumsatz des Konzerns betrug 44 Milliarden Euro. Sollte der Verkauf von DB Arriva nicht gelingen, kann der DB Konzern seine Investitionen nicht aus eigener Kraft tätigen. Die DB steht vor großen Herausforderungen: DB Regio verliert Marktanteile im SPNV an Privatbahnen, und im Güterverkehr macht DB Cargo anhaltende Verluste. Durch die Expansion in internationale und bahnfremde Bereiche und dort erzielte Erträge konnte die DB AG dies nicht kompensieren. Bereits seit Ende 2019 gibt es eine signifikante Finanzierungslücke von fast drei Milliarden Euro. Diese kann die DB nicht über eine Neuverschuldung schließen, ohne die Verschuldungsobergrenze zu überschreiten, die der Haushaltsausschuss des Bundestages 2016 festgelegt hat. Der Bund plant derzeit, dem Konzern eine Milliarde Euro pro Jahr zusätzlich zuzuschießen, damit die Deutsche Bahn überhaupt investieren kann. Der VCD sieht eine Finanzspritze an die DB kritisch: „Wir fordern eine Regelung, die den Wettbewerb mit Privatbahnen nicht verzerrt. So könnte der Bund etwa geringere Trassenpreise für alle Bahnen gegenfinanzieren“, sagt Philipp Kosok.

Benjamin Kühne

ist seit 2014 als Redakteur beim VCD-Magazin fairkehr tätig. Davor studierte er Politikwissenschaft in Gießen. Er ist in Bonn am liebsten mit dem Fahrrad unterwegs und reist gerne mit der Bahn.
benjamin.kuehne@fairkehr.de

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