Viele private Besitztümer sind nicht dauerhaft in Verwendung. Sie stehen - wie etwa das Auto - die meiste Zeit unnütz herum. Die Sharing Economy will selten genutzte Güter mehr Menschen zur Verfügung stellen.
Sharing Economy meint das Teilen von Dienstleistungen, Handels- und Konsumgütern, Transportmitteln bis hin zum Wohnraum für einen bestimmten Zeitraum. Die Idee des Tauschhandels oder des Verleihens ist nicht neu. Der ÖPNV hat schon immer nach dem Prinzip der gemeinschaftlichen Nutzung gewirkt, jedoch haben sich durch die Entwicklung der digitalen Technologien neue Möglichkeit entwickelt, in der Menschen in Bruchteilen von Sekunden ihre Dienstleistungen und Güter online anbieten können. Gerade den „geteilten“ Fahrzeugen und Verkehrsleistung hat die zunehmende Digitalisierung der Dienst einen erneuten Schub verliehen.
Das Potential des Teilens wird durch eine Studie aus dem Jahr 2015 von PricewaterhouseCoopers verdeutlicht. Dort gaben 64 % der Befragten an, in den kommenden beiden Jahren Share Economy-Angebote nutzen zu wollen, im Alter von 18 bis 29 waren es sogar 88 %.
Betrachtet man speziell den Mobilitätsbereich der Sharing Economy, sind Car- und Bikesharing-Angebote sowie Mitfahrgelegenheiten in Deutschland die bekannteste Form. All diese Formen folgen dem Trend weg vom eigenen PKW - hin zum „geteilten“ Fortbewegungsmittel. Die Entwicklung im Carsharingbereich in den vergangen Jahren zeigt deutlich auf, wie groß die Nachfrage ist. Laut des Bundesverband CarSharing (bcs) gab es im Jahr 2009 in Deutschland über 200.000 fahrberechtigte Nutzerinnen und Nutzer und knapp 4.000 Carsharing Fahrzeugen. Bis zum Jahr 2016 stiegen diese Werte auf 1,25 Mio. angemeldete Nutzer/innen und die Anzahl der Fahrzeuge auf ca. 16.000.
Am meisten Potential entfalten die Sharing-Angebote, wenn sie eng mit einem leistungsstarken ÖPNV verknüpft sind. Sie ergänzen so besonders gut eine Mobilität ohne eigenes Auto. Eine Studie der Universität Kassel im Auftrag des Umweltbundesamtes schätzt, dass bei einer ambitionierten Förderung bereits in Städten ab 50.000 Einwohnern 17 % der täglichen Fahrleistung mit dem Pkw eingespart werden können. Gerade stationsgebundene Carsharing-Dienste funktionieren hier gut. Noch größer ist das Potential in den großen Ballungsräumen.
Neben verschiedenen stationären und Free-Floating-Angeboten, gibt es in Großstädten inzwischen Startups, welche ergänzend zum öffentlichen Nahverkehr auch erste Kleinbusse durch die Stadt fahren lassen, die schnell und unkompliziert via App gebucht werden können. Im Gegensatz zum klassischen ÖPNV sind diese Dienste nicht an einen festen Fahrplan oder eine feste Route gebunden, sondern richtet sich nach den Anforderungen und Zielen ihrer Passagiere (On-Demand-Beförderung). Sie wollen Punkt-zu-Punkt Verbindungen anbieten und doch Wege unterschiedlicher Personen zu einer Fahrt kombinieren. In Berlin bietet der Dienst Allygator Shuttle gegenwärtig in einer ersten Testphase an Freitag- und Samstagabenden innerhalb des Berliner S-Bahnrings Fahrten an. Perspektivisch ist geplant das Angebot sowohl zeitlich als auch räumlich weiter auszudehnen. Dabei sieht sich der Dienst nicht als Konkurrenz, sondern eher als Ergänzung zum klassischen ÖPNV. Ihr Angebot ist eine individuellere Mobilitätsmöglichkeit und passt sich den Bedürfnissen der Fahrgäste an. Mit CleverShuttle ist ein vergleichbarer Dienst in München, Berlin und Leipzig gestartet. Nutzen viele Menschen Sharing-Angebote bietet sich die Chance, einen entsprechende Anzahl an PKW-Stellflächen einer neuen Nutzung zuzuführen, die theoretisch durch die Sharing-Angebote frei werden. Die Kommunen sind in der Verantwortung diese Flächen auch tatsächlich neu zu gestalten. Dieses push and pull ist ausschlaggebend dafür, dass Menschen ihren PKW abmelden, bzw. sich keinen zulegen.
Den grundsätzlich positiven Effekten des Teilens stehen auch kritische Punkte gegenüber. Durch die Vielzahl an Angeboten kommt es zu einer deutlichen Preissenkung in einigen Bereichen des Mobilitätssektors welche im schlechtesten Fall einen Rebound-Effekt auslösen kann. Dieser Effekt meint, dass beispielsweise diese finanziellen Einsparungen das Verhalten der Nutzer dahingehend beeinflusst, dass sie in Zukunft das eingesparte Geld oder auch Reisezeit für zusätzliche Reisen oder andere Konsumgüter ausgeben und damit wieder eine verstärkte Umweltbelastung einhergeht. Trotz der deutlich gestiegenen Anzahl an Carsharing-Angeboten hat sich die Anzahl der Autos in Deutschland im selben Zeitraum nicht verringert. Laut statistischem Bundesamt gibt es für den Zeitraum von 2012 bis 2016 sogar einen Zuwachs von rund 850.000 Fahrzeugen pro Jahr. Ebenfalls ist die Entwicklung der Automodelle bei verschiedenen Carsharing-Unternehmen, wie beispielsweise DriveNow und Car2Go zu hinterfragen, da immer häufiger auf große Luxusmodelle oder ausgefallene Cabrios zurückgegriffen wird. Der Kunde wird hier eher zu einer Probefahrt eingeladen. Der ursprüngliche Gedanke, autolosen Haushalten einen für den jeweiligen Wegezweck passenden Pkw bereitzustellen, tritt in den Hintergrund. Des Weiteren sind in vielen Bereichen der gesamten Sharing Economy noch keine rechtlichen Grundlagen geschaffen, was jedoch im Sinne einer fairen Behandlung von klassischen ÖPNV-Diensten und den Startups der Sharing Economy notwendig ist. Beispielhaft ist der Fahrdienstleister Uber, mit denen es Privatleuten ermöglicht wird Taxifahrten anzubieten. In die Kritik geraten ist Uber in Deutschland, da sie im Gegensatz zum normalen Taxidienstleister, keine Lizenz besitzen um kommerzielle Fahrten durchzuführen und ihre privaten Fahrzeuge nicht den Standards eines üblichen Taxis entsprechen müssen. Solche besonders preisewerten Taxi-ähnlichen Dienste setzen auch keinerlei ökologischen Anreiz Fahrten zu kombinieren. Letztlich muss sich jeder Dienst daran messen lassen ob er tatsächlich zur Substitution privater Pkw und einer verträglicheren Abwicklung der Verkehrsleistung beiträgt oder nur in Konkurrenz zu bestehenden Angeboten des Umweltverbundes tritt.
Pwc (2015)
Universität Kassel; Umweltbundesamt (2017)