Autoindustrie und Klimaschutz

Versprochen - Gebrochen

Die deutsche Automobilindustrie sieht sich gern als treibende Kraft für Innovationen, auch im Bereich von Spritspartechniken. Die Realität ist jedoch eine andere. Das zeigt ein von VCD und BUND in Auftrag gegebenes Gutachten.

Zusammen mit dem Umweltverband BUND hat der VCD ein Gutachten an den Trierer Professor Dr. Eckard Helmers vergeben. Der  Titel lautet »Die Modellentwicklung in der deutschen Autoindustrie: Gewicht contra Effizienz«

Das Gutachten zeigt, dass sich vor allem deutsche Autohersteller auf große, schwere und leistungsstarke dieselbetriebene Fahrzeuge konzentrieren. Dadurch haben sie nicht nur den Anschluss bei wirklich energiesparenden Techniken verloren, das Gutachten macht auch deutlich, dass bereits vorhandene Innovationen in diesem Bereich nicht verkauft werden sollen. Beispielhaft dafür sind viel zu hohe und nicht nachvollziehbare Aufpreise für Spritspartechnologien. 

Entwicklung von Gewicht, Leistung und Verbrauch von Pkw

Die Effizienz von Fahrzeugen wird durch drei Faktoren beeinflusst:

  • Antriebstechnologie
  • Gewicht
  • Leistung

Laut Gutachten haben sich die Fahrzeuggewichte in den letzten Jahren fortwährend erhöht. Das Beispiel des VW Golf zeigt dies eindrucksvoll. Im Vergleich zum Jahr 1975 wiegt der Golf heute 530 Kilogramm mehr. Größere Fahrzeuge und mehr Komfort sind für diese Zunahme an Gewicht hauptsächlich verantwortlich.

Doch nicht nur das Gewicht der Autos steigt, auch die Motorleistung wächst stetig. Wieder das Beispiel VW Golf (beziwhungsweise davor VW Käfer): Das Gewicht legte im Durchschnitt um 1,6 Prozent im Jahr zu, die Motorleistung  sogar um durchschnittlich 2,9 Prozent.

Welche Potentiale zur Herstellung spritsparender Modelle verschenkt werden, zeigt eine Berechnung von Prof. Helmers:
Legt man bei der derzeit effizientesten serienmäßig verfügbaren Motortechnik für den VW Golf das Gewicht von 800 kg des Golf von 1978 zugrunde, käme ein aktuelles Modell mit 3,3 Liter Benzin auf 100 km aus, was 76g CO2/km entspräche.

Natürlich gibt es seit den 70er Jahren viele Fortschritte bei der Reduzierung des Sprittverbrauchs und des Schadstoffausstoßes. Diese Entwicklungen werden jedoch durch die Gewichts- und Leistungszunahme der Fahrzeuge aufgezehrt.

Modellentwicklung der deutschen Pkw-Hersteller

Deutsche Autohersteller können effiziente Fahrzeuge bauen. Beispiele sind der VW Lupo 3L, der Audi Duo, der BMW i3 oder der Smart fortwo. Die Preisgestaltung dieser Fahrzeuge liegt jedoch die Vermutung nahe, dass es nie Ziel war, diese Fahrzeuge auch in größerer Zahl auf die Straße zu bringen. Das Gutachten belegt dies mit einer detaillierten Übersicht der Aufpreise für die verschiedenen Spritspartechniken.

Mit hohen Aufpreisen macht die deutsche Autoindustrie ihre Spritsparmodelle zu Ladenhütern.

aus "Versprochen – Gebrochen: Wie die deutsche Autoindustrie den Klimaschutz ignoriert", S. 7

Für die Kundinnen und Kunden müssen sich Aufpreise rechnen. Sei es durch die Spriteinsparung oder einen höheren Wiederverkaufswert. Muss man erst mehrere hunderttausend Kilometern fahren, bis sich der Aufpreis für die Spritspartechnik rentiert, werden viele Käufer abgeschreckt. Darüber hinaus sind die Mehrkosten insbesondere bei Modellen mit Elektromotor nicht nachvollziehbar. So kostet der VW Jetta Hybrid fast 8.000 Euro mehr als das konventionellen Modell. Der Smart fortwo ed ist mit über 11.000 Euro Aufpreis genannt.

Die japanischen Mitbewerber bieten vergleichbare Modelle deutlich günstiger an und machen sie für Käufer interessant. So ist der mit dem VW Jetta vergleichbare Toyota Auris Hybrid 12.000 € günstiger als der Volkswagen. Bei der Einführung startete Toyota den Hybrid mit einem Einstiegspreis unterhalb der Dieselvariante und dem entsprechend ist nach Angaben von Toyota jeder zweite in Europa verkaufte Auris ein Hybrid.

Dass Fahrzeuge deutscher Hersteller mit neuester Spritspartechnik nur selten auf der Straße zu sehen sind, liegt an einer für die Verbraucher nicht nachvollziehbaren Preisgestaltung. Die verlangten Aufpreise für Spritspartechniken sind zu hoch und oft unbegründet. Das schreckt potentielle Käufer ab.

Der Einfluss der Politik

Damit der Klimaschutz im Automobilsektor nicht auf der Strecke bleibt, muss die Politik umsteuern. Auf EU-Ebene muss die CO2-Gesetzgebung mit einem verbindlichen Grenzwert für 2025 ambitioniert weiterentwickelt werden. Dringend nötig ist auch die Einführung realistischer Verbrauchstests. Auf nationaler Ebene sind effektive steuerliche Anreize für emissionsarme Fahrzeuge und die Abschaffung der steuerlichen Besserstellung des Dieselkraftstoffs erforderlich.

Michael Müller-Görnert

Verkehrspolitischer Sprecher
Fon 030/28 03 51-19
michael.mueller-goernert@vcd.org

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