Helmpflicht

Keine gesetzliche Pflicht zum Tragen von Fahrradhelmen

Der VCD spricht sich gegen die Einführung einer gesetzlichen Pflicht zum Tragen von Fahrradhelmen aus. Um die Sicherheit von Radfahrenden im Straßenverkehr zu verbessern, müssen der Gesetzgeber, Kommunen, Polizei und Ordnungsämter Maßnahmen ergreifen, die Unfälle vermeiden und Gefahrenquellen abstellen.

| Radverkehr

Dazu gehört beispielsweise Tempo 30 innerhalb geschlossener Ortschaften. Kein Helm kann einen Unfall verhindern, sondern bestenfalls die Unfallfolgen im Kopfbereich mindern. Eine Helmpflicht ist deshalb für den VCD nicht das Mittel der Wahl, um das Radfahren sicher zu machen.

Am 17. Juni 2014 entschied der Bundesgerichtshof, dass Radfahrende ohne Helm nicht automatisch mitschuldig an den Folgen eines Unfalls sind. Der VCD begrüßt dieses Urteil, denn es macht klar, dass die Mitschuld an einem Unfall nicht mit dem Tragen eines Helmes verbunden werden kann. Statt der Diskussion über eine Helmpflicht sollten sich Entscheider*innen in Politik und Verwaltungen vielmehr konsequent mit den Unfallursachen auseinandersetzen, denn nur so kann das Radfahren sicherer werden.

Welche Position bezüglich einer Helmpflicht für Radfahrende vertritt der VCD?

Der zusätzliche Selbstschutz durch einen Fahrradhelm muss freiwillig bleiben. Vergleicht man Aufwand und Nutzen verschiedener Maßnahmen, so ist Tempo 30 die beste Möglichkeit, Radfahrer*innen vor Unfällen zu schützen. Denn durch eine Geschwindigkeitsreduzierung verringert sich die Unfallgefahr um 40 Prozent. Das heißt ein großer Teil der Unfälle entsteht gar nicht erst. Das kann kein Helm leisten.   

Welche Maßnahmen fordert der VCD zur Erhöhung der Sicherheit von Radfahrenden?

  • Die Infrastruktur an technischen Standard anpassen: Nur die wenigsten Radwege und Schutzstreifen entsprechen den "Empfehlungen für Radverkehrsanlagen" (ERA) der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV). Viele Radverkehrsanlagen sind zu schmal, haben einen schlechten Belag oder eine gefährliche Wegeführung, bei der zum Beispiel Autofahrer*innen den Radweg von der Fahrbahn nicht einsehen können. Um die Sicherheit für Radfahrende zu verbessern, müssen Kommunen die Standards der ERA flächendeckend umsetzen.

  • Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts macht nicht nur den Verkehr sicherer, sondern erhöht auch die Lebensqualität und fördert den Rad- und Fußverkehr. Auf Hauptverkehrsachsen können Städte und Gemeinden höhere Geschwindigkeiten zulassen sofern Radverkehrsanlagen vorhanden sind. In Straßen mit Tempo 30 können sich Radfahrende die Fahrbahn meist problemlos mit Kfz-Fahrenden teilen, sofern hier das Verkehrsaufkommen gering und kein Schwerlastverkehr unterwegs ist.
  • Der Gesetzgeber muss Abbiege-Assistenten für neue Lkw schnellstmöglich zur Pflicht machen statt abzuwarten, bis 2024 eine entsprechende EU-Regelung in Kraft tritt. Für Lkw im Bestand muss die Nachrüstung sicherheitsrelevanter Assistenzsysteme verpflichtend werden. Dasselbe gilt für Pkw und Lkw, die weniger als 3,5 Tonnen wiegen. Denn diese verursachen die meisten Abbiegeunfälle mit Radfahrenden.

Warum ist der VCD gegen eine Helmpflicht?  

  • Ein Helm verhindert keinen Unfall, sondern verringert im besten Fall die Schwere von Kopfverletzungen, sofern er richtig getragen wird. Gegen andere schwere oder auch lebensgefährliche Verletzungen, zum Beispiel der Wirbelsäule, ist er wirkungslos.
  • Vorschriften für Gefährder statt für Gefährdete: Eine Helmpflicht würde die Verantwortung, Unfallgefahren zu reduzieren, einseitig den Radfahrenden zuweisen. Der VCD hält dies aus rechtsstaatlicher Sicht für problematisch. Vorschriften zum Selbstschutz gefährdeter Verkehrsteilnehmer*innen müssen nachrangig bleiben. Wir sehen hier auch die Tendenz einer Überregulierung. Folgerichtig müsste man dann auch im Auto, auf der Treppe oder im Haushalt einen Helm tragen.
  • Der Bundesverwaltungsgerichtshof wendet in mehreren Urteilen den Grundsatz an, dass Gefährdungen beim Gefährder abzustellen sind. Entsprechend vertritt der VCD die Auffassung, dass sich Verkehrssicherheitsarbeit auf das Abstellen von Gefahrenquellen konzentrieren muss, statt die Handlungsfreiheit gefährdeter Verkehrsteilnehmer einzuschränken. Verkehrsregeln müssen an die Bedürfnisse der „schwächsten” Verkehrsteilnehmer angepasst werden, nicht umgekehrt.
  • Verkehrssicherheit ist ohne Helmpflicht möglich: Dass Radfahren auch ohne Helmpflicht sicher sein kann, belegen unsere Nachbarländer Dänemark und NIederlande mit vergleichsweise niedrigen Unfallzahlen. Auch in Deutschland beweisen verschiedene Städte, dass gute Rahmenbedingungen für den Radverkehr die Unfallgefahr deutlich senken: In Oldenburg beispielsweise verunglücken Radfahrer – bezogen auf ihren Anteil am Gesamtverkehr – weniger oft als andere Verkehrsteilnehmer, mit fallender Tendenz. In der norddeutschen Großstadt ist der Radverkehrsanteil mit über 40 Prozent der Wege besonders hoch. Hier zeigt sich der „Safety-in-Numbers-Effekt”: Je mehr Radfahrer unterwegs sind, desto weniger Unfälle passieren.
  • Unerwünschte Nebenwirkungen: Studien und Statistiken geben auch Hinweise darauf, dass eine Helmpflicht möglicherweise unerwünschte Nebenwirkungen mit sich bringt. Die am häufigsten genannte Befürchtung: Es würde weniger Rad gefahren, wenn ohne Helm ein Bußgeld droht. Dies würde umwelt- und gesundheitspolitischen Zielen zuwiderlaufen.
  • Auch gibt es Hinweise darauf, dass Autofahrer*innen Radfahrer*innen mit Helm mit geringerem Abstand überholen als solche ohne Helm, oder dass Radfahrer*innen in ihrem Fahrverhalten möglicherweise risikobereiter werden, wenn sie einen Helm tragen (so genannte Risikokompensation).   

In diesem Fall stellt sich die Frage, inwieweit jemand, der nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft hat, haftbar für einen entstandenen Schaden ist. Wie beurteilt der VCD dieses Thema?      

Es gibt weder Gesetzesgrundlagen noch Haftpflicht-Klauseln seitens der Versicherer, die Radfahrer*innen verpflichten, sich mit einem Helm zu schützen. Vergleich: Beim Abschluss einer Versicherung gegen Auto- oder Fahrraddiebstahl ist man im Bilde über Rechte und Pflichten. Deswegen hinken solche Vergleiche.

Anika Meenken

Sprecherin für Radverkehr und Mobilitätsbildung
Fon 030/28 03 51-403
anika.meenken@vcd.org

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