Klimaschutz im Verkehr

Drei Viertel aller Wege beginnen oder enden vor der eigenen Haustür

Wenn wir wissen, wo Alltagswege beginnen oder enden, können vor Ort klimafreundliche Mobilitätsangebote gemacht werden. Das ist entscheidend, um den Verkehr in Wohnquartieren nachhaltig zu gestalten.

| Wohnen und Mobilität

Bei der Erreichung der Klimaziele ist der Verkehrssektor massiv im Rückstand. Im Gegensatz zu den Emissionen anderer Bereiche wie der Industrie und Energiewirtschaft sind die CO2-Ausstöße des Pkw-Verkehrs zwischen 1995 und 2019 nicht gesunken, sondern sogar um rund 5 Prozent gestiegen. Grund dafür ist eine zeitgleiche Zunahme des Pkw-Verkehrs von über 20 Prozent, die die Umwelt- und Klimaentlastungen durch technische Verbesserungen am Fahrzeug wieder aufhebt. Um die Klimaziele im Verkehrssektor zukünftig erreichen zu können, ist eine Kombination weiterer Maßnahmen wie die Erhöhung der Verkehrseffizienz, eine sinkende Verkehrsnachfrage sowie eine veränderte Verkehrsmittelwahl daher zwingend erforderlich. (UBA 2021) Die Förderung nachhaltiger und intelligenter Mobilitätsoptionen spielt eine entscheidende Rolle, um beeinflussen zu können, wie Menschen mobil sind.

Bisherige Untersuchungen haben gezeigt, dass die Verkehrsmittelwahl überwiegend von strukturorientierten Determinanten wie der Verfügbarkeit, der Zugänglichkeit, der Wegekosten und -zeit oder des Komforts eines Verkehrsmittels beeinflusst wird (vgl. Bamberg und Schmidt 1993, 1998, 2003; Franzen 1997; Steg 2003, 2005; de Groot und Steg 2007). Viele dieser Faktoren sind mit dem Ausgangspunkt und Ziel einer zurückzulegenden Strecke verknüpft, so beispielsweise die Verfügbarkeit von Sharing-Angeboten, der Zugang zu Fahrradabstellanlagen, die Höhe der zu zahlenden Parkgebühren oder die Entfernung des Pkw-Stellplatzes vom Hauseingang. Wenn wir wissen, wo Menschen ihre alltäglichen Wege beginnen und wo sie enden, können wir die zur Verfügung stehenden Mobilitätsangebote zunehmend klimafreundlich gestalten. Dabei liegt die Vermutung nahe, dass der Großteil der alltäglichen Wege mit dem eigenen Zuhause in Verbindung steht. Doch wie hoch ist der Anteil der Wege, die vor der eigenen Haustür beginnen oder enden?

Um diese Frage zu beantworten, wurden Daten der bevölkerungsrepräsentativen Querschnittsbefragung »Mobilität in Deutschland« (MiD) des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) aus dem Jahr 2017 ausgewertet. Das Ergebnis der Analyse zeigt, dass rund drei Viertel (74,53 Prozent) aller zurückgelegten Wege vor der eigenen Haustür beginnen oder enden. Die Auswertung der Verkehrserhebung »Mobilität in Städten – SrV« aus dem Jahr 2018, die sich lediglich auf die städtische Wohnbevölkerung Deutschlands bezieht (ab ca. 80.000 Einwohner*innen), ergibt sogar ein Anteil von 79,14 Prozent.

Dieses Ergebnis bestätigt den Verdacht, dass die Alltagsmobilität stark mit dem eigenen Zuhause verschränkt ist, nämlich als Start- oder Endpunkt der überwiegenden Anzahl aller zurückgelegten Wege. Mithilfe der verwendeten Daten ist es jedoch nicht möglich, solche Strecken zu untersuchen, die zwar nicht an der eigenen Haustür, dafür aber immerhin im eigenen Wohnumfeld starten oder enden. Weiterhin werden Wege, die an fremden Haustüren und in fremden Wohnumfeldern beginnen oder enden, bisher nicht durch die MiD-Daten abgebildet – man denke an den Besuch von Freund*innen, Bekannten oder an die Wege von Lieferant*innen. Die Möglichkeit, diese Wege in künftige Untersuchungen einbeziehen zu können, würde die Grundlage für detailliertere Analysen im Zusammenhang von »Wohnen und Mobilität« liefern. Nichtsdestotrotz zeigt sich bereits im Ergebnis dieser Untersuchung, dass der Verknüpfung dieser beiden Handlungsfelder für das Gelingen der Verkehrswende eine große Bedeutung zukommt.

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Ausführliche Informationen und Praxisbeispiele zum Thema finden Sie in unseren Handlungsleitfaden »Intelligent mobil im Wohnquartier«.

Nils Löster

ist in der Projektarbeit für das »Bundesweite Netzwerk Wohnen und Mobilität« tätig. Seine Schwerpunkte sind Moderation und Fachinhalte.
nils.loester@vcd.org

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