Baustelle Mobilitätsarmut: Wie wir mit der Verkehrswende mehr soziale Gerechtigkeit schaffen

Unser Verkehrssystem ist sozial ungerecht. Es benachteiligt Menschen mit geringem Einkommen und ihre Mobilitätsbedürfnisse. Was ist zu wenig, was zu viel Mobilität? Wer sind Verursacher und Leidtragende von umwelt- und klimaschädlichem Verkehr? Diesen Fragen geht ein VCD Factsheet nach.

Seit Jahrzehnten steigt das Verkehrsaufkommen, Menschen werden immer mobiler. Doch das gilt nicht für alle Bevölkerungsgruppen. Wer beruflich und privat viel unterwegs ist, hat einen entsprechend hohen CO2-Fußabdruck. Damit der Verkehr umweltschonender wird, müssen Maßnahmen bei diesen sogenannten „Hypermobilen“ ansetzen. Weniger im Fokus der Öffentlichkeit stehen dagegen die sogenannten „Mobilitätsarmen“: Menschen, deren Mobilität - und damit ihre Möglichkeit zu gesellschaftlicher Teilhabe - eingeschränkt ist. Wer nur ein geringes Einkommen hat, muss einen großen Teil davon in Mobilität investieren oder weniger mobil sein. Mobilitätsarmut betrifft aber nicht nur Menschen mit geringerem Einkommen. Vor allem im ländlichen Raum sind viele Ziele ohne Auto schwer erreichbar. Der Mangel an attraktiven Alternativen führt oft zu einem „erzwungenen Autobesitz“, der die Betreffenden finanziell stark belasten kann. Diese sind dann vor die Wahl gestellt: Hohe Kosten für das Auto in Kauf zu nehmen oder die eigene Mobilität einzuschränken.

Alexander Kaas Elias, Projektleiter „Verkehrswende: klimaverträglich und sozial gerecht“: „Mobilitätsarmut ist nicht nur eine Frage des Einkommens. Sie kann auch räumliche, zeitliche oder persönliche Gründe haben. Unser Verkehrssystem muss endlich sozial gerechter werden. Dafür müssen wir Verkehr, Umwelt und Soziales zusammenzudenken. Wir brauchen weniger klimaschädliche Mobilität bei den einen, mehr umweltfreundliche Mobilität für die soziale Teilhabe bei den anderen.“

Das VCD Factsheet zeigt: Mobilität und Einkommen hängen klar zusammen. Je höher das Einkommen, desto mehr Autos besitzt ein Haushalt. Und je höher das Einkommen, desto höhere Emissionen entstehen durch Mobilität. Menschen mit dem höchsten ökonomischen Status sind im Durchschnitt an einem Tag zwar nur 15 Minuten länger unterwegs, legen aber fast doppelt so viele Kilometer zurück – oft mit dem Auto. Nach dem Verursacherprinzip müssten Hypermobile am meisten für die Folgeschäden ihrer Mobilität zahlen. Haushalte mit hohem Einkommen profitieren aber überdurchschnittlich von klimaschädlichen Subventionen wie der Entfernungspauschale oder der Dienstwagenregelung.

Von den verkehrsbedingten Umweltbelastungen stärker betroffen sind dafür Menschen aus einkommensschwachen Haushalten. Denn die Mieten an Hauptverkehrsstraßen sind häufig niedriger, Lärm und Luftverschmutzung durch Feinstaub und Stickoxide sind dort hingegen größer. In Folge leiden armutsgefährdete Personen mehr unter Lärmbelästigung, unter anderem durch Verkehrslärm. Menschen mit höherem Einkommen können sich dagegen meist auch die Mieten in ruhigeren und grüneren Gegenden leisten.

„Um Mobilitätsarmut zu verringern brauchen wir einen gut ausgebauten, bezahlbaren ÖPNV und gute Rad- und Fußwege, damit man weniger abhängig vom Auto ist. Sozialtickets dürfen nicht teurer sein als der dafür vorgesehene Satz für Menschen im Arbeitslosengeld II (etwa 35 Euro). Und wer mehr CO2-Emissionen verursacht, muss auch mehr bezahlen. Wir fordern, dass die Entfernungspauschale in ein Mobilitätsgeld umgewandelt wird, damit auch Menschen mit geringeren Einkommen profitieren.“

Das VCD Factsheet „Die Verkehrswende ist sozial gerecht! Welche Mobilitätsbedürfnisse haben Menschen mit geringem Einkommen?“ finden Sie hier zum Download: https://www.vcd.org/fileadmin/user_upload/Redaktion/Themen/soziale_Verkehrswende/VCD_Fact_Sheet-_Die_Verkehrswende_ist_sozial_gerecht.pdf


Pressekontakt:
Alexander Kaas Elias • VCD-Sprecher für klima- und sozialverträgliche Mobilität • alexander.kaaselias@vcd.org
Franziska Fischer, Pressesprecherin VCD • 0171/60 52 409 • presse@vcd.orgwww.vcd.org Twitter: @VCDeV 
 

Der ökologische Verkehrsclub VCD ist ein gemeinnütziger Umweltverband, der sich für eine umweltverträgliche, sichere und gesunde Mobilität einsetzt. Im Mittelpunkt steht dabei der Mensch mit seinen Bedürfnissen und Wünschen für ein mobiles Leben. Seit 1986 kämpft der VCD für ein gerechtes und zukunftsfähiges Miteinander aller Menschen auf der Straße – egal, ob sie zu Fuß, auf dem Rad, mit Bus und Bahn oder dem Auto unterwegs sind. Dafür arbeitet er vor Ort mit zwölf Landesverbänden und rund 140 Kreisverbänden und Ortsgruppen, bundesweit und europaweit vernetzt. Rund 55.000 Mitglieder, Spender und Aktivistinnen unterstützen die Arbeit des VCD für eine zukunftsfähige Mobilität.

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