Mehr Achtsamkeit im Straßenverkehr? Verkehrssicherheit benötigt andere Gesetze und bessere Infrastruktur

Anlässlich des Weltfahrradtages am 03. Juni fordern der ökologische Verkehrsclub VCD, der Verbund Service und Fahrrad (VSF) und der Wirtschaftsverband Zukunft Fahrrad zügige Reformen: Gute Infrastruktur für Radfahrende und Fußgänger*innen, ein zeitgemäßes Straßenverkehrsgesetz und die Möglichkeit, Regelgeschwindigkeiten zu reduzieren. Die neue Kampagne #mehrAchtung des Bundesverkehrsministeriums und des Deutschen Verkehrssicherheitsrats sehen die Verbände kritisch. Sie wirbt zwar für ein „gutes Miteinander auf Straßen und Radwegen“, wälzt aber die Verantwortung der Politik auf das Individuum ab.

VCD, VSF und Zukunft Fahrrad fordern zum Tag des Fahrrads mehr Sicherheit im Straßenverkehr. Achtsamkeit und Rücksicht sind wichtige Tugenden, doch damit allein ist es nicht getan. Es sind auch Reformen nötig, so die drei Verbände. Das Verkehrsministerium unter Volker Wissing müsse das Straßenverkehrsgesetz reformieren und die Bevorzugung des Autos aufgeben. Außerdem müsse der Gesetzgeber erlauben, die Regelgeschwindigkeit innerorts auf Tempo 30 zu senken – so fordern es auch die 742 Kommunen im Bündnis ‚Lebenswerte Städte und Gemeinden‘. Die drei Verbände wollen zudem eine sichere Infrastruktur für alle im Verkehr. Dazu gehören gut ausgebaute Rad- und Fußwege mit sicheren Kreuzungen und eine konsequentere Durchsetzung des bestehenden Rechts.

Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD, fordert schnelle Reformen statt leerer Appelle: „Unfallursache ist häufig die hohe Geschwindigkeit von Autos. Um das zu ändern, brauchen wir keine freundliche Empfehlung, doch bitte vorsichtig zu fahren – wir brauchen Tempo 120 auf der Autobahn, Tempo 80 auf Landstraßen und Tempo 30 in der Stadt.“ Doch der Verkehrsminister verweigere sich dem Thema: „Herr Wissing hat es in der Hand, die Zahl der Verkehrstoten zu senken, indem er die Gesetze ändert. Stattdessen belässt er es dabei, Plakate zu kleben.“

Der VSF-Geschäftsführer Uwe Wöll kritisiert, dass #mehrAchtung die Verantwortung allen Verkehrsteilnehmer*innen gleichermaßen zuweise: „Die Kampagne nennt zwar die Zahl von fast 2.800 Toten und 300.000 Verletzten im Jahr. Unerwähnt bleibt jedoch, dass an 75 Prozent aller Unfälle mit Personenschäden Autos beteiligt sind. So wird eine Gleichberechtigung der Verkehrsmittel suggeriert, die es in Wahrheit nicht gibt – wer zu Fuß oder auf dem Rad unterwegs ist, wird häufiger verletzt, ist aber viel seltener für schwere Unfälle verantwortlich.“

Elena Laidler-Zettelmeyer, Leitung Strategische Kooperationen Zukunft Fahrrad: „Viele Menschen möchten mehr Fahrrad fahren. Sie tun es aber nicht, da sie sich auf den Straßen nicht sicher fühlen. Eine Achtsamkeitskampagne kann nur ein einzelner Baustein eines größeren Maßnahmenpakets für mehr Sicherheit sein. Es braucht ein echtes Bekenntnis zu einer gerechten Flächenverteilung zugunsten aktiver Mobilität. Es bleibt die originäre Aufgabe der politisch Verantwortlichen, durch einen besseren politischen Rahmen für mehr Sicherheit zu sorgen, damit alle gleichberechtigt am Verkehr teilnehmen können.“

VCD, VSF und Zukunft Fahrrad fordern das Verkehrsministerium auf, Tempolimits zu ermöglichen und den Ausbau sicherer Rad- und Fußwege voranzubringen. Damit würde es den Menschen im Verkehr tatsächlich mehr Achtung erweisen.

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