Sondierungsgespräche zum Verkehr: VCD fordert Klima- und Gesundheitsschutz

Jamaika muss umweltschädliche Subventionen abbauen, Investitionen in Bahn und Fahrradinfrastruktur anheben, Blaue Plakette und Tempo 30 Innerorts einführen – Wirtschaft profitiert von Klimaschutz und Umwelttechnik

Berlin, 1. November 2017. Die künftige Bundesregierung muss den CO2-Ausstoß aus dem Verkehr deutlich senken und Bürgerinnen und Bürger besser vor Schadstoffen schützen. Dies fordert der ökologische Verkehrsclub VCD anlässlich der heutigen Sondierungsgespräche von CDU, CSU, FDP und Grünen zum Verkehr. Die künftigen Koalitionäre sollten sich klar für eine Verkehrspolitik aussprechen, die ambitionierte CO2-Grenzwerte für Pkw und Lkw, mehr Investitionen in den Bahn- und Radverkehr und Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit in Ortschaften beinhaltet. Umwelt- und klimaschädliche Subventionen wie die Steuerminderung für Diesel-Pkw oder die Mehrwertsteuerbefreiung für internationale Flüge müssten abgeschafft werden, so der VCD.

Wasilis von Rauch, VCD-Bundesvorsitzender: „Angesichts der steigenden Treibhausgase aus dem Verkehr und der anstehenden Weltklimakonferenz in Bonn braucht es ein deutliches Bekenntnis Deutschlands zu mehr Klimaschutz im Verkehr. Die Verkehrspolitik bestand bislang hauptsächlich daraus, Straßen zu bauen und den schmutzigen Diesel am Leben zu halten. Das geht besser. Eine zukunftsfähige Verkehrspolitik stellt die Gesundheit der Menschen und den Klimaschutz in den Mittelpunkt indem sie Bus-, Bahn-, Rad- und Fußverkehr stärkt“.

Im Verkehr tragen Subventionen in Höhe von rund 30 Milliarden Euro jährlich zur Belastung der Umwelt bei. Rund zwölf Milliarden Euro entfallen auf den Flugverkehr, die Steuerminderung für den Diesel kostet rund sieben Milliarden, das Dienstwagenprivileg über drei Milliarden Euro pro Jahr. „Umweltschädliche Subventionen verschlimmern die Luftverschmutzung durch Dieselfahrzeuge und verzerren den Wettbewerb zu Lasten der Bahn und anderer umweltfreundlicher Verkehrsmittel. Streicht die künftige Bundesregierung diese Subventionen, bringt das die menschenfreundliche Verkehrswende in Gang“, sagt von Rauch.

Der VCD fordert die Jamaika-Koalition auf, den Abgasskandal rückhaltlos aufzuklären und Betrügereien zu bestrafen. Um die Luftqualität in den Städten zu verbessern, müssten die Autohersteller auf eigene Kosten Diesel-Pkw mit einer echten Hardware nachrüsten. Die Blaue Plakette sei für Städte der beste Weg, um Fahrverbote für saubere Pkw verhindern zu können. Bei den anstehenden Verhandlungen auf EU-Ebene über einen neuen CO2-Grenzwert für Pkw sollte Deutschland Motor statt Bremser sein und sich für Grenzwerte von 70 Gramm CO2 pro Kilometer im Jahr 2025 und 35 bis 45 Gramm CO2 im Jahr 2030 einsetzen.

Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD: „Abgasstandards schwächen die Automobilindustrie nicht, sondern stärken sie. Nur mit sauberen Antrieben und einer Strategie zur Null-Emission wird die deutsche Autoindustrie auch in Zukunft wettbewerbsfähig sein. Hört die Jamaika-Regierung jetzt auf das Jammern der Autobosse wegen angeblich zu hoher Auflagen, wird Deutschland in den internationalen Klimaverhandlungen völlig unglaubwürdig. Und der Abgasskandal bleibt uns noch lange erhalten.“

Der VCD fordert, dass die schwarz-gelb-grüne Koalition der Bahn als Zugpferd der Verkehrswende deutlich mehr Investitionen bereitstellt. Es gibt immer mehr Engpässe im Schienennetz, über 1100 dringend erneuerungsbedürftige Eisenbahnbrücken und zu wenig Ausweichstrecken. Die künftige Bundesregierung sollte die Investition in das Schienennetz von aktuell etwa fünf Milliarden Euro pro Jahr im ersten Schritt auf mindestens 7,5 Milliarden Euro erhöhen. Für ein attraktiveres Bahnangebot muss die Jamaika-Koalition den Deutschland-Takt einführen – ein deutschlandweiter Taktfahrplan mit mehr Verbindungen und weniger Umsteigezeiten. Zudem sollten die Koalitionäre die Trassenpreise im Schienengüter- und im Personenverkehr halbieren, um den Wettbewerbsnachteil des Bahnverkehrs gegenüber dem Straßenverkehr abzubauen.

Auch der Radverkehr braucht aus Sicht des VCD viel mehr politischen Rückenwind. Dazu gehört, die aktuellen Mittel für Radwege entlang von Bundesverkehrswegen sowie für Radschnellwege von derzeit 125 Millionen Euro auf mindestens 400 Millionen Euro pro Jahr anzuheben. Hindernisse zur Förderung des Radverkehrs sollten beseitigt und Fahrrädern, E-Bikes und Lastenrädern deutlich mehr Platz auf den Straßen eingeräumt werden.

„Die Verkehrswende zielt nicht nur auf saubere Luft und Klimaschutz ab, sondern auf die Lebensqualität in den Städten und die Gleichberechtigung aller Verkehrsmittel. Ein Riesenschritt wäre es, die verstaubten Straßenverkehrsgesetze aus dem letzten Jahrhundert zu modernisieren. Sie haben die Flüssigkeit des Autoverkehrs, aber nicht den Klimaschutz und die Lebensqualität der Menschen als Maxime“, sagt Wasilis von Rauch.

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