Förderprogramme und Gesetze

Innovationen statt Autoverkehr fördern

Streng reglementierte Förderprogramme und Gesetze, die den Autoverkehr bevorzugen, behindern Innovationen für eine umwelt- und menschenfreundliche Mobilität. Das muss sich ändern.

| Digitalisierung

Die Digitalisierung eröffnet zahlreiche Chancen: Sie hilft uns, verschiedene Verkehrsmittel auf unseren Wegen zu verknüpfen, Tarifsysteme für den öffentlichen Verkehr fair zu gestalten, und führt Menschen in Ridesharing-Fahrzeugen zusammen. Um Konzepte zu entwickeln und umzusetzen, fehlen den Kommunen aber häufig die finanziellen und personellen Ressourcen. Die Förderpolitik der Bundesregierung muss die Kommunen deshalb mit den nötigen Mitteln ausstatten.

Beim Erproben neuer Technologien steht zu oft die Frage nach der Wirtschaftlichkeit im Mittelpunkt. Freies, kreatives Experimentieren, mit dem Recht, dabei Fehler zu machen, auch mal zu scheitern und daraus für zukünftige Projekte zu lernen, sehen die Förderprogramme mit ihren eng gesteckten Rahmenbedingungen nicht vor. Experimentierräume mit flexiblen Regeln fördern das Ausprobieren und bieten den Rahmen für Innovationen. Die Möglichkeiten, solche Reallabore zu errichten, sollte weiter ausgeweitet werden.

Einen Ansatz zum Experimentieren bietet derzeit die sogenannte Experimentierklausel im Personenbeförderungsgesetz (PBefG), die zum Erproben neuer Verkehrsarten erlaubt, von Verordnungen und Gesetzen abzuweichen. Das notwendige Anhörungsverfahren führt oftmals zu Verzögerungen bei der Genehmigung von Projekten. Der sich dynamisch entwickelnde Mobilitätssektor allerdings erfordert, dass das PBefG entsprechend angepasst wird. Zudem gelten die Sondergenehmigungen höchstens vier Jahre und bieten Unternehmen damit nicht die nötige Rechtssicherheit. Da das Umsetzen innovativer Ansätze viel Zeit benötigt, sind langfristige Perspektiven wichtig. Denn bislang stellt sich selbst bei erfolgreichen Pilotprojekten zu oft die Frage: Was kommt danach? Eine Novelle des PBefG ist derzeit in Arbeit und sollte diese Punkte aufgreifen.

Förderung des Autoverkehrs abbauen

Alternativen zum privaten Pkw attraktiver zu gestalten ist aber nur der erste Schritt. Der Staat muss auch das weitreichende Geflecht aus Verordnungen und Regelungen abbauen, die den motorisierten Individualverkehr fördern. Das gilt ganz besonders für das Straßenverkehrsgesetz, das als obersten Grundsatz die „Leichtigkeit und Flüssigkeit“ des Verkehrs festlegt. Gemeint ist damit in erster Linie der Kfz-Verkehr. Alle anderen Verkehrsarten behandelt das Gesetz nachrangig, was das gezielte Fördern von umweltfreundlichen Alternativen zum eigenen Auto, also den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) oder den Rad- und Fußverkehr, deutlich erschwert. Beispielsweise sind Fahrradstraßen laut der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrsordnung nur dort zulässig, wo „der Radverkehr die vorherrschende Verkehrsart ist oder dies alsbald zu erwarten ist“. Dies setzt in der Praxis die Durchführung von aufwendigen Verkehrszählungen voraus.

Auch der Steuerung der Parkraumnachfrage mittels Gebühren sind enge Grenzen gesetzt. Parkraum darf nur dann mit Gebühren belegt werden, wenn dies den Verkehrsfluss verbessert oder den Parksuchverkehr reduziert. Als Maßnahme, um den öffentlichen Raum lebenswert zu gestalten und so die Aufenthaltsqualität für Menschen zu erhöhen, dürfen Städte und Gemeinden die Parkraumbewirtschaftung in Deutschland grundsätzlich nicht nutzen. Andere Länder, wie die Schweiz, sind hier viel weiter und haben das Grundprinzip des Parkens umgekehrt. Das Abstellen von Pkws im öffentlichen Straßenraum ist grundsätzlich verboten. Wenn Deutschland die Verkehrswende ernsthaft voranbringen will, muss der Gesetzgeber bestehende Regelungen – allen voran das PBefG und das Straßenverkehrsgesetz sowie die nachgelagerten Verordnungen – dringend reformieren. Es braucht daher ein „Bundesmobilitätsgesetz“, welches den Rahmen für alle anderen Verkehrsgesetze vorgibt und so den Umweltverbund stärkt.

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