Digitalisierung erscheint meist als Versprechen: Besser, einfacher und schneller soll sie unseren Alltag machen. Oft tut sie das auch, doch es gibt Schattenseiten – wenn herkömmliche Alternativen zum Digitalen gestrichen werden. So wie jetzt bei der Deutschen Bahn: Seit dem 1. Oktober 2023 kann man am Schalter im Bahnhof keine Sparpreis-Tickets mehr kaufen, es sei denn, man gibt seine E-Mailadresse oder Telefonnummer an. Ab dem 1. Januar 2024 wird es auch am Automaten keine Sparpreise mehr geben.
Die Fahrgäste müssen deshalb Nachteile in Kauf nehmen: Der Service am Bahnhof und am Automaten wird schlechter. Wer aus Gründen des Datenschutzes keine Adresse oder Telefonnummer zur Verfügung stellen will, erhält keine Sparpreise mehr. Und vor allem: Auch wer weder Internetzugang noch Handy besitzt, ist vom Sparpreis-Programm künftig ausgeschlossen. Letzteres trifft vor allem ältere Leute – Rentnerinnen und Rentner, die oft wenig Geld haben und gerade deshalb auf günstige Tickets angewiesen sind. Bahnfahren wird ein Stück weit unsozialer, zumindest aber umständlicher.
Daten sammeln auf Kosten der Kunden
Die DB begründet den schlechteren Service paradoxerweise mit besserem Service – sie wolle ihre Fahrgäste künftig leichter über Verspätungen informieren können, heißt es, deshalb benötige sie deren Kontaktdaten. Diese Aussage darf man getrost als PR-Geklingel abhaken: Wer zum Beispiel per E-Mail über Verspätungen informiert werden möchte, kann seine Adresse schon jetzt freiwillig angeben; er muss nicht erst dazu genötigt werden. Und wer dieses Angebot kennt, weiß auch, dass es alles andere als verlässlich ist: Mit der Echtzeit-Anzeige des DB-Navigators ist man in der Regel besser informiert. Auch ohne, dass man seine Reisedaten angibt.
In Wahrheit dürfte es der Bahn um zwei andere Dinge gehen: Erstens möchte sie Daten sammeln, das Gold des Digital-Zeitalters. Und die sind leichter zu haben, wenn jedes Ticket samt Kundendaten online verbucht wird. Zweitens möchte sie Kosten sparen, weshalb sie den teuren und personalintensiven Schalterverkauf unattraktiver macht. Hinter der vermeintlichen Service-Verbesserung steht also ökonomisches Kalkül auf Kosten der Kunden.
VCD fordert Umdenken
Der VCD fordert die Bahn auf, ihre Entscheidung zu revidieren. Sie muss es Fahrgästen so einfach wie möglich machen, an Tickets zu kommen – was selbstverständlich Sparpreise einschließt. Dazu muss das Unternehmen alle Bezugswege anbieten: Der Ticketkauf muss über den Browser oder die App funktionieren, genauso aber wie gehabt am Schalter im Bahnhof oder am Ticketautomaten.
Darüber hinaus muss es die DB auch Drittanbietern wieder ermöglichen, Bahntickets zu verkaufen – also unabhängigen Anbietern wie Reisebüros oder spezialisierten Verkaufsstellen, die erfahren darin sind, die besten und günstigsten Tickets für die jeweilige Verbindung herauszusuchen. Die hatten von der DB bis vergangenes Jahr eine Provision für ihren Dienst erhalten, doch 2023 versuchte der Konzern, diesen Vertriebsweg dichtzumachen. Das Kartellamt verlangte im Juni allerdings, die DB müsse ihren Schritt korrigieren, und forderte den Konzern auf, Wettbewerbsbeschränkungen gegenüber anderen Anbietern einzustellen.
Die DB sollte jetzt mit den unabhängigen Verkaufsstellen verhandeln, damit diese eine faire Provision für den Verkauf von Bahntickets erhalten. Denn nur so haben sie eine Chance, Ihre Arbeit fortzusetzen. Das ist gerade für diejenigen wichtig, die nur mit verschiedenen Bahnen zum Ziel kommen können. Müssen sie ihre Reiseroute künftig selbst planen, ist fraglich, ob sie weiterhin den Zug, und damit auch die DB, nutzen – oder ob nicht viele auf Auto oder Flugzeug umsteigen, weil diese einfacher zu buchen bzw. zu nutzen sind. Das wäre nicht nur für den Klima- und Umweltschutz fatal, sondern auch ein Eigentor für die DB.
Wenn Sie schlechte Erfahrungen mit dem Ticketkauf bei der DB gemacht haben oder weiterhin ihre Bahnreise bequem im Reisebüro planen lassen und buchen möchten, dann melden Sie sich bei uns! Wir beraten Sie gerne und setzen uns für Ihre Belange ein.
Kontakt
Alexander Kaas Elias
Sprecher für Bahn, ÖPNV und Multimodalität
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