VCD-Umfrage

Kindgerechte Mobilität im Wohnumfeld

Auch Kinder sollen selbstbestimmt, aktiv und klimaverträglich mobil sein können, dafür brauchen sie ein entsprechendes Umfeld. Das Ziel muss ein kindgerechter Verkehr sein – nicht verkehrsgerechte Kinder. Was es dafür braucht, wollten wir in einer Umfrage herausfinden.

| für Familien Selbstständige Mobilität von Kindern

Auf dem Weg zur Schule zwischen den Stoßstangen der parkenden Autos durchquetschen, dahinter der sausende Straßenverkehr. Nirgendwo Platz für Kreide-Kunstwerke auf der Straße. Freie Bahn zum Roller- oder Fahrradfahren? Fehlanzeige! Mal eben Freund*innen besuchen oder zum Spielplatz laufen: zu gefährlich. So oder ähnlich sieht der Alltag für viele Kinder aus, sie können immer weniger selbstständig in ihrem Wohnumfeld mobil sein.

Wir wollten es in einer Umfrage genauer wissen und haben gefragt: erlaubt die Verkehrssituation, dass Ihr Kind seine Wege zum Training, zu den Freund*innen oder in die Schule sicher und selbstständig zurücklegen kann? Was braucht es bei Ihnen vor Ort, um die Sicherheit im Straßenverkehr für Ihr Kind zu verbessern? Welche Hausaufgaben sollen wir Politiker*innen aus Bundesregierung, Landesregierungen und Kommunen mitgeben, damit alle Menschen gut und sicher von A nach B kommen?

Über 3800 Menschen, 72 Prozent davon mit Kindern unter 16 Jahren, haben uns geantwortet und die größten Hindernisse für selbstständige Mobilität von Kindern, die wichtigsten Maßnahmen im Wohnumfeld, die für kindgerechten Verkehr sorgen können, und die nötigen Gesetzesänderungen benannt.

Die ausführlichen Ergebnisse der Umfrage und weitere Fakten rund um kindgerechte Mobilität finden Sie in unserem Factsheet:

Eigenständige Mobilität: wichtig für kindliche Entwicklung und Gesundheit

Wie Familien mobil sind, hängt eng mit dem Wohnort und den dortigen Optionen für Verkehr und Erreichbarkeit zusammen. Entfernung zu Schule und Kindergarten, Anschluss und Taktung des ÖPNV, Nähe zu Einkaufs- und Freizeitmöglichkeiten – all das beeinflusst das Mobilitätsverhalten der ganzen Familie.

Ob Eltern ihre Kinder selbstständig Wege zurücklegen lassen, hängt wiederum eng mit dem Verkehrsaufkommen im Wohnumfeld zusammen. Eltern schätzen Wohngebiete mit hohem Verkehrsaufkommen gefährlicher ein als solche mit geringem.

Kinder und Jugendliche, die die Straße als Spiel-, Erlebnis- und Bewegungsraum nutzen, stehen oft in Konkurrenz zu Verkehr und Parkdruck. Zusätzlich ist das Spielen und der Aufenthalt auf der Straße durch die StVO verboten. Das hat dazu geführt, dass Spiel, Austausch und Bewegung nicht mehr hauptsächlich auf der Straße, sondern zuhause und in Kitas, Schulen und Sportvereinen stattfinden. Zu diesen Aktivitäten werden die Kinder dann mit dem Auto gefahren.

Das bedeutet aber auch: Weniger Erfahrungen und damit weniger Kompetenzen für ein verkehrssicheres Verhalten; Bewegungsmangel, Übergewicht und motorische Schwierigkeiten nehmen zu, soziale Bindungen schwinden – all das kann eine Folge von zu wenig eigenständiger Bewegung und Mobilität von Kindern sein.

Kindern und Jugendlichen empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation 60 Minuten tägliche Bewegung, doch in Deutschland erreicht nur ein Drittel der Kinder und Jugendlichen die Empfehlung. Aktive, selbstständige Mobilität im Alltag ist ein zentraler Baustein, um die täglich empfohlene Bewegung zu erreichen. Kinder, die ihre Wege zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurücklegen, bewegen sich insgesamt mehr als Kinder, die mit dem Auto oder dem Bus gefahren werden.

Das eigenständige spielen und mobil sein im öffentlichen Raum ist außerdem wichtig für die kindliche Entwicklung – unter anderem für räumliche Orientierung, Vorstellungsvermögen, Konzentrationsfähigkeit, soziale Kontakte, Verkehrskompetenz und Risikoeinschätzung.

Kindgerechtes Wohnumfeld: Umfrageergebnisse

Wie können wir also ein Wohnumfeld gestalten, in dem Kinder von all den Vorteilen aktiver und selbstständiger Mobilität profitieren können?

Zu den größten Hindernissen für eine selbstständige Mobilität von Kindern zählen knapp 80 Prozent der Umfrageteilnehmer*innen die zu hohe Anzahl von Pkw und Lkw, ein zu hohes Tempo des Autoverkehrs und das Fehlen eines dichten, sicheren und komfortablen Fuß- und Radwegenetzes

Konsequenterweise steht ein dichtes, sicheres und komfortables Fuß- und Radwegenetz ganz oben auf der Liste von Maßnahmen, die die Umfrageteilnehmer*innen für besonders wichtig für kindgerechten Verkehr ansehen. Außerdem sollen Falschparker*innen und Raserstärker kontrolliert (78 Prozent) und die Höchstgeschwindigkeiten auf Tempo 30 oder weniger gesenkt werden (77 Prozent).

Auch Maßnahmen zur allgemeinen Reduktion des Autoverkehrs, die Verkehrsberuhigung in Wohngebieten und Einrichtung von Spielstraßen finden hohe Zustimmungswerte. Sie sind die Voraussetzung dafür, dass Kinder wieder mehr Platz und Möglichkeiten erhalten, sich in ihrem Wohnumfeld sicherer und selbstständiger zu bewegen.

Zu den wichtigsten gesetzlichen Maßnahmen, die nach Einschätzung der Befragten entscheidend für eine kindgerechte Mobilität sind, zählt die Anhebung der Bußgelder und Strafen für verkehrsgefährdendes Verhalten und Falschparken auf europäisches Niveau (77 Prozent).

Auch eine Reform der Straßenverkehrsordnung (StVO), die sich stärker an den Bedürfnissen von Kindern orientiert, halten 76 Prozent der Teilnehmer*innen für sehr sinnvoll. Tempo 30 statt 50 als Regelgeschwindigkeit innerorts unterstützen 75 Prozent der Umfrageteilnehmer*innen.

Knapp 80 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der Fuß- und Radverkehr in ihrem Viertel gegenüber den Autos priorisiert werden sollte.

Forderungen: Selbstständige Mobilität von Kindern fördern

Fast ein Drittel der Teilnehmer*innen an der VCD-Umfrage sagen, dass sich die Verkehrssituation und damit auch die Aufenthaltsqualität für Kinder in ihrem Wohnumfeld in den vergangenen Jahren verschlechtert hat. Damit sich das ändert und wir kinderfreundliche Nachbarschaften in ganz Deutschland ermöglichen, hat der VCD eine Reihe von Forderungen aufgestellt. Dazu gehören:

  • Kindgerechte und dichte Fuß- und Radwegenetze umsetzen.
  • Tempo 30 innerorts als Regelgeschwindigkeit einführen.
  • Sichere Orte und mehr Platz für Kinder schaffen.
  • Ein familienfreundliches Bus- und Bahnangebot einrichten.
  • Nachhaltige Mobilitätsbildung von klein auf und lebenslang.

Für kinderfreundliche Nachbarschaften fordern wir den Umbau unserer Städte und Dörfer und eine Ausrichtung der Verkehrsplanung und -politik am Menschen: An Kindern, Älteren und mobilitätseingeschränkten Menschen – das bietet Lebensqualität für alle.

Die ausführlichen Umfrageergebnisse und weitere Forderungen finden Sie in unserem Factsheet:

Die VCD Mobifibel

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Kontakt

Anika Meenken

Sprecherin für Radverkehr und Mobilitätsbildung

Fon 030/28 03 51-73

fahrrad@vcd.org

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