Rückblick

Auftaktveranstaltung der Debattenreihe „Verkehrswende klimaverträglich und sozial gerecht gestalten“

Unter dem Motto „Gesellschaftliche Teilhabe sichern: selbstbestimmt und nachhaltig mobil“ stellte sich der VCD gemeinsam mit Vertreter*innen aus Zivilgesellschaft und Politik in der ersten Veranstaltung der sozialen Frage im Verkehrsbereich.

| Bundesmobilitätsgesetz Soziale Aspekte der Verkehrswende

Kerstin Haarmann, Bundesvorsitzende des VCD, betonte in ihrer Begrüßungsrede die Wichtigkeit der sozialen Dimension: „Wir schaffen es nur, dass der Verkehr seinen Beitrag zur Klimafreundlichkeit leistet, wenn die Maßnahmen sozial gerecht sind.“

Dass das dringend notwendig ist, veranschaulichte Verena Bentele, Präsidentin des Sozialverbands VdK Deutschland. Sie wies auf das Problem der Mobilitätsarmut hin, von dem Menschen aus unterschiedlichsten Gründen betroffen seien. Dazu zählen „Menschen die im ländlichen Raum wohnen, Menschen mit Behinderungen, Menschen, die älter sind und Menschen, die auf Grund ihrer finanziellen Möglichkeiten an Mobilität nur sehr eingeschränkt teilhaben können“. Man müsse sozial- und umweltpolitische Themen zusammendenken, um allen Menschen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen.

Im zweiten Input stellte Dominik Fette, Sprecher für klima- und sozialverträgliche Mobilität beim VCD, die Mobilitätsgarantie als den Lösungsansatz des VCD vor. Sie habe „das Ziel, dass alle Menschen selbstbestimmt und klimaverträglich mobil sein können – unabhängig von räumlichen, finanziellen, körperlichen und psychischen Voraussetzungen.“ Dabei seien drei Aspekte wichtig:

  1. Angebot für alle: Mit Mindeststandards für den ÖPNV sowie einem dichteren Radnetz und breiteren Fußwegen könne eine ernstzunehmende Alternative für den motorisierten Individualverkehr geschaffen werden
  2. Zugang für alle: Die Angebote müssen nicht nur erweitert werden, sondern auch für alle nutzbar sein. Dabei müsse Barrierefreiheit umfassend gedacht und alle Formen der Behinderung miteinbezogen werden.
  3. Bezahlbar für alle: Ein wichtiges Instrument dabei seien bundesweit und unbürokratisch erhältliche Sozialtickets.

Dominik Fette machte klar, dass es sich dabei um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe handelt, und betonte: „Die Lebensqualität aller Menschen gehört ins Zentrum einer gestaltenden Verkehrspolitik. Die Mobilitätsgarantie setzt dabei klare und erreichbare Ziele für eine soziale und ökologische Verkehrswende.“

Axel Friedrich, internationaler Verkehrsberater und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des VCD, knüpfte an der Zielsetzung an und verdeutlichte, dass in der aktuellen Verkehrspolitik keine übergeordneten, gesellschaftlichen Ziele wie Klimaschutz oder Teilhabe aller Menschen verankert seien. Im Bundesmobilitätsgesetz hingegen sei die soziale Frage ganz maßgeblich mit abgebildet. „Hier schafft man einen neuen Rahmen, um die Mobilität zukunftsfähig, fair, klimaverträglich und sozial gerecht zu gestalten.“ Er wies darauf hin, dass mit dem Gesetzesentwurf mehr Rechte für das Parlament und somit die Demokratisierung der Verkehrsplanung vorangetrieben werde. Nur wenn die Menschen besser in die Planung und Entwicklung von Mobilität miteinbezogen würden, schaffe man eine gesellschaftliche Akzeptanz für die notwendigen Veränderungen.

Über soziale Fragen der Mobilität diskutierten im Anschluss auch Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Elke Zimmer, Staatssekretärin im Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg, Valentin Abel, Bundestagsabgeordneter der FDP, und Verena Bentele. Dusel hat sich Mobilität als einen Schwerpunkt in seiner Amtszeit gesetzt. Dabei ist es ihm wichtig, „dass Barrierefreiheit zu einem Qualitätsmerkmal für ein modernes Land werde“ und von Anfang an bei der Verkehrsplanung mitgedacht wird.

Auch Staatssekretärin Zimmer betonte die Untrennbarkeit von sozialen und ökologischen Aspekten im Verkehrsbereich und erläuterte, wie dies in einem Landesmobilitätsgesetz, das zurzeit in Baden-Württemberg entwickelt wird, umgesetzt wird. Dabei spielt die Mobilitätsgarantie mit Mindestbedienstandards für die Erreichbarkeit zentraler Orte eine wesentliche Rolle. Um den ländlichen Raum mobil zu machen, seien digitale Anwendungen wie On-Demand-Verkehre als Ergänzung essenziell. Solche Angebote seien der Qualitätssprung, um die garantierte Mobilität für alle umzusetzen.
 

„Mobilität ist die Dimension, die Soziales und Ökologisches miteinander verbindet.“

Elke Zimmer, Staatssekretärin im Ministerium für Verkehr Baden-Württemberg

FDP-Mann Abel pflichtete ihr bei und unterstrich den Nachholbedarf im ländlichen Raum. „Wenn wir unsere Ziele [im Klimaschutz] erreichen wollen, müssen wir das Angebot dort wesentlich verbessern. (…) Mit den Mitteln der Vergangenheit, also mit festen Buslinien, die alle Stunde oder alle zwei Stunden fahren, bekommen wir das nicht hin.“ Viel mehr müsse Flexibilität gefördert und die Chancen der Digitalisierung genutzt werden. Außerdem sprach sich Abel für eine „Attraktivitätsoffensive für die Bahnhöfe und überhaupt die Verkehrsinfrastruktur im öffentlichen Bereich“ aus.

Verena Bentele machte noch einmal klar, dass es einen wirklich massiven Ausbau des ÖPNVs brauche, um „den Erhalt der Freiheit und der persönlichen Gestaltung des Lebens durch regelmäßige Mobilitätsangebote“ sicher zu stellen. Beim Ausbau sei auch eine klare Priorisierung von Bahnhöfen und Schiene gegenüber Straßen und Autobahnen wichtig.

Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des VCD, schloss die Veranstaltung mit einem Appell an Politik und Zivilgesellschaft, die Mobilitätsgarantie auf die Agenda zu setzen, um die längst überfällige Teilhabe aller Menschen an der Gesellschaft zu ermöglichen. Die Vision dabei müsse sein, einen öffentlichen Verkehr zu entwickeln, auf den alle Menschen in Deutschland stolz sein können.

 

Michael Müller-Görnert

 

Verkehrspolitischer Sprecher des VCD
Fon 030/28 03 51-19
michael.mueller-goernert@vcd.org
Michael Müller-Görnert auf Twitter

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