Ein Machtwort des Kanzlers muss jetzt das Deutschlandticket für 49 Euro sichern

Die Menschen wollen das Deutschlandticket für 49 Euro! Das zeigen mehr als 450.000 Unterstützerinnen und Unterstützer unserer Petition mit Campact „49-Euro-Ticket retten!“. Nichtsdestotrotz bleibt die Finanzierung des Tickets unsicher. Aber wir bleiben dran. Das 49-Euro-Ticket muss bleiben! Daneben braucht es ein kostengünstigeres Sozial- und Jugendticket und Eltern sollten, wie im Fernverkehr, ihre Kinder kostenlos mitnehmen können.

| ÖPNV

Lange mussten Bund und Länder im Frühjahr verhandeln, bis das Deutschlandticket endlich in trockenen Tüchern war – doch der Erfolg ist gefährdet. Denn die vollständige Finanzierung für 2024 blieb offen. Und nun will Bundesverkehrsminister Wissing die fehlenden 200 Millionen Euro für „sein Projekt” von Bundesseite nicht bereitstellen. Eine Chance zur Rettung ergibt sich am Montag den 06. November 2023: Dann trifft sich Bundeskanzler Scholz mit den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten – dort muss er das Geld vom Bund zusagen und die Unsicherheit beenden. Und die Finanzen sind nicht das einzige Problem: Damit das Deutschlandticket wirklich von allen einfach und überall genutzt werden kann, fehlt u.a. ein Jugend- und Sozialticket für maximal 29 Euro. Unser Appell mit Campact ist also weiterhin aktuell. 

Appell "49-Euro-Ticket retten"


Gemeinsam mit Campact haben wir vor der Verkehrsministerkonferenz (VMK) am 11.10.2023 demonstriert. Wir forderten eine Einigung zwischen Bund und Ländern, damit eine nahtlose Weiterführung des 49-Euro-Tickets im Januar 2024 gesichert ist. Wir übergaben rund 400.000 Unterschriften aus einer Online-Petition an Oliver Krischer (Vorsitzenden der VMK), stellvertretend für Bundesverkehrsminister Wissing.

Das Deutschlandticket gibt es als 49-Euro-Ticket seit dem 1. Mai 2023. Mit ihm können alle Bahnen und Busse im ÖPNV und alle Regionalzüge genutzt werden. Ein Ticket für alles: Das ist der Start einer Revolution im öffentlichen Nahverkehr. Auch wenn dieser Erfolg der Ampel-Koalition auf Umwegen zustande kam, ist er jetzt da und die Ampel wird ihn weiterführen. Die Frage ist nur: Wie? Dazu erleben wir ein politisches Schauspiel. 

Bund und Länder haben sich 2022 geeinigt, jeweils die Hälfte von damals geschätzten 3 Milliarden Euro für das Deutschlandticket zu übernehmen. So wollten sie auch anfallende Mehrkosten handhaben, allerdings nur im Jahr 2023. Für 2024 ist diese Regelung nicht festgehalten. Deshalb streiten Bund und Länder seit Monaten. Da das Deutschlandticket erst am 1. Mai 2023 gestartet ist, werden laut Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) von den vereinbarten 3 Milliarden Euro für 2023 nur etwa 2,3 Milliarden Euro ausgegeben. Der Rest könnte und sollte haushälterisch ins Jahr 2024 überführt werden. Dann würden ‚nur‘ noch 400 Millionen Euro fehlen, das macht bei 50:50 jeweils 200 Millionen Euro für die Länder und den Bund.1

Die Landesverkehrsministerinnen und -minister sind bereit, die Hälfte der Kosten zu übernehmen. Doch Bundesverkehrsminister Volker Wissing lehnt ab und verweist auf Einsparpotenziale bei den Ländern. Diese sollen ihre Verkehrsverbünde zusammenlegen. Verkehrt ist das nicht, doch haben Berlin und Brandenburg (VBB) sowie Schleswig-Holstein (NAH.SH) es bereits gemacht, und die übrigen Verkehrsverbünde können nicht mit einem Fingerschnippen nachziehen: Solche Umstrukturierungen brauchen Zeit und kosten Geld, bevor nach einigen Jahren tatsächlich Einsparungen erzielt werden. Für den Bund stellen 200 Millionen Euro einen vergleichsweise geringen Vertrag dar, bedenkt man, dass allein das umweltschädliche Dienstwagenprivilieg den Bund etwa 4,4 Milliarden Euro im Jahr kostet.

Für die Verbünde und Verkehrsunternehmen ist es wichtig, endlich Planungssicherheit für 2024 zu haben. Bundeskanzler Scholz muss den Ländern deshalb zusagen, dass der Bund die Hälfte der Mehrkosten 2024 übernimmt. Die Ampel-Koalition kann es sich nicht leisten, dass das Deutschlandticket jetzt bereits wieder eingestampft oder teurer wird. Fahrgäste und Interessierte brauchen jetzt Gewissheit, wie es nächstes Jahr weitergeht. 

Auch für 2025 muss die Finanzierung rasch geklärt werden – nicht erst Ende 2024. Der Bund könnte seine Zusagen an die Bedingung knüpfen, dass die Länder anfangen, Aufgabenträger und Verkehrsverbünden zusammenzulegen. Das eingesparte Geld braucht der ÖPNV in jedem Fall für Infrastruktur, Fahrzeuge und Personal. 

Deutschlandticket, sozial und solidarisch 

Mit der Finanzierung des Deutschlandtickets allein ist es für den VCD noch nicht getan. Es muss geregelt werden, wie das Ticket mit solidarischen Semestertickets zusammengehen kann. Außerdem braucht es Ermäßigungen für Kinder, Jugendliche und Menschen mit wenig Geld.

So richtig es ist, das Deutschlandticket auch als solidarisches Semesterticket anzubieten, so mühselig gestaltet sich die Umsetzung. Derzeit verhandeln Studierendenvertretungen mit Verkehrsverbünden und Ländern über die Verlängerung der Semestertickets. Weil solche Verhandlungen einen langen Vorlauf haben, brauchen sie jetzt Klarheit über die Grundlagen. Die Verkehrsministerkonferenz plant den Start eines bundesweiten Semestertickets zwar erst für das Sommersemester 2024 – aber selbst das klingt jetzt schon mehr als ambitioniert. Und da sich ein solches Ticket im solidarischen Modell selbst tragen kann, ist wenig verständlich, warum hier so viel Zeit vergehen muss. 

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Darüber hinaus sind Regelungen für Familien, Jugendliche und Menschen mit wenig Geld noch völlig offen. Für Kinder kostet das Deutschlandticket 49 Euro, falls es keine Ermäßigung wie etwa in Bayern gibt, wo es für Azubis, Studierende und FSJler*innen 29 Euro kostet. Derzeit ermäßigt jedes Bundesland selbst – oder eben nicht. Wir fordern einheitliche Standards: Kinder bis 14 Jahren sollen kostenlos fahren können, für Jugendliche und Azubis soll es das Jugendticket zu höchstens 29 Euro geben. Das gleiche gilt für ein Sozialticket, das ebenfalls nicht mehr als 29 Euro kosten darf und für alle erhältlich sein soll, die Bürgergeld oder ähnliche Sozialleistungen bekommen. Dies alles ist noch offen, auch wenn sich der Bundestag zumindest für Familien und Kinder einsetzt hat.2 Doch selbst diese Initiative harrt momentan der Umsetzung. 

ÖPNV-Angebot ausbauen 

Schließlich darf der ÖPNV-Ausbau nicht vergessen werden. Das Deutschlandticket wird nur dann von mehr Menschen abonniert werden, wenn sie einen verlässlichen Bus- und Bahn-Anschluss vor Ort haben. Wenn nichts fährt – oder nur dreimal am Tag ein Bus –, dann wird kaum jemand das eigene Auto stehenlassen oder wenigstens den Zweitwagen abschaffen. Das spiegelt sich auch in den Ergebnissen unserer Umfrage zum Deutschlandticket wider: Auf dem Land, wo kaum Bahnen und Busse fahren, wird das Deutschlandticket seltener abonniert. Daher fordert der VCD eine Mobilitätsgarantie, mit der z.B. Orte ab 200 Einwohnern von früh morgens bis spät abends jede Stunde bzw. on-demand angefahren werden. 

Denn das Deutschlandticket hilft tatsächlich bei der Verkehrswende. Aktuell zeigt eine repräsentative Umfrage von YouGov, dass Abonnenten des Deutschlandtickets das eigene Auto öfter stehenlassen: 31 Prozent der Befragten sind weniger mit dem Auto unterwegs, seit sie ein Deutschlandticket besitzen.3 So lassen sich auch die steigenden Fahrgastzahlen in ÖPNV4 und Regionalzügen erklären (laut Deutsche Bahn Regio bis zu 25 Prozent5). 

Das Bundesverkehrsministerium hat bei Ramboll eine Untersuchung beauftragt, die den Finanzbedarf für SPNV und ÖPNV ermitteln soll: Was ist nötig, wenn zum bisherigen Angebot dauerhaft das Deutschlandticket hinzukommt und verschiedene Formen von Mindestbedienstandards eingerechnet werden. Das Ergebnis sind Mehrkosten von 20 bis 31 Milliarden Euro im Jahr 2030.6 Das ist erstmal viel Geld. Doch wer ausreichend Bahnen und Busse fahren lassen und mit dem Deutschlandticket weiter füllen will, kommt nicht umhin, mehr zu investieren.  

Wir sagen nach wie vor: Das Geld ist da, es muss nur richtig verteilt werden:  Umweltschädliche Subventionen wie das Dienstwagenprivileg gehören abgeschafft – von ihnen profitieren meist nur die, denen es ohnehin gut geht. Der Aus- und Neubau von Autobahnen ist meist überflüssig und in Zeiten der Klimakrise ist dieses Geld in Bahnen und Bussen besser angelegt. 

Das ist mir was wert! Mit Ihrer Spende unterstützen Sie unsere Arbeit für die Verkehrswende. Gemeinsam für eine gerechte Mobilität für alle!

Ihr Wunschbetrag:

[1] s. VDV, Deutschland-Ticket: die größte Tarifrevolution im ÖPNV, https://www.vdv.de/deutschlandticket.aspx, 19.10.2023
[2] vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung des Allgemeinen Eisenbahngesetzes an die Verordnung (EU) 2021/782 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2021 über die Rechte und Pflichten der Fahrgäste im Eisenbahnverkehr, https://dserver.bundestag.de/btd/20/071/2007146.pdf, 08.06.2023
[3] s. Umfrage: Viele Deutschlandticket-Nutzer lassen häufiger das Auto stehen, in: die Zeit online, https://www.zeit.de/mobilitaet/2023-10/deutschlandticket-mobilitaet-bahn-verhalten-umfrage?wt_zmc=sm.ext.zonaudev.twitter.ref.zeitde.share.link.x, 31.10.2023
[4] vgl. 49-Euro-Ticket zeigt Wirkung: Zahl der Fahrgäste steigt um zehn Prozent, https://www.watson.de/nachhaltigkeit/gute%20nachricht/809491374-49-euro-ticket-zeigt-wirkung-zahl-der-fahrgaeste-steigt-um-zehn-prozent, 22.09.2023
[5] s. Deutschlandticket lockt mehr Fahrgäste an, https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/deutschlandticket-bilanz-100.html, 30.07.2023
[6] vgl. Ermittlung des Finanzbedarfs für den ÖPNV bis 2031 – Kurzbericht, Ramboll für das Bundesministerium für Digitales und Verkehr, https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Anlage/K/update-oepnv-finanzierung-bmdv-summary.pdf?__blob=publicationFile, 04.08.2023
 

Kontakt

Alexander Kaas Elias

Sprecher für Bahn, ÖPNV und Multimodalität
Fon 030/28 03 51-36

alexander.kaaselias@vcd.org

 


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