Kommentar vom VCD | VCD-Magazin 2/2025
Verpasste Chancen beim Koalitionsvertrag
„Wir werden auch in den kommenden Jahren mit öffentlichen Investitionen dafür sorgen, dass die Infrastruktur leistungsfähig ist und bleibt.“ So schloss der Abgeordnete Patrick Schnieder (CDU/CSU) seine erste Rede im Bundestag – im Jahr 2010, während des zweiten Kabinetts Merkel. 15 Jahre später wirkt dieser Satz fast ironisch: Denn während der Merkel-Jahre blieben die Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur mangelhaft. Nun ist ausgerechnet Schnieder Verkehrsminister – mit Zugriff auf das milliardenschwere Sondervermögen Infrastruktur. Ob er es besser macht?
Der Bedarf ist klar: Deutschland braucht eine Verkehrspolitik, die den Menschen echte Alternativen bietet. Ein modernes Verkehrssystem sollte bezahlbar, klimafreundlich und für alle zugänglich sein. Doch gerade der Verkehrssektor hinkt bei der Transformation hinterher – mit gravierenden Folgen für das Klima, die Lebensqualität und die Wettbewerbsfähigkeit der Industrie im Zeitalter der post-fossilen Mobilität.
Deutschlandticket bleibt
Der Koalitionsvertrag enthält durchaus positive Ansätze. So erkennt die neue Regierung den schlechten Zustand der Deutschen Bahn als nationales Problem an. Geplante höhere Investitionen ins Schienennetz und ein Fonds für langfristige Finanzierungssicherheit sind wichtige Schritte. Auch bei der ÖPNV-Finanzierung gibt es Bewegung: Das Deutschlandticket soll bis 2029 nicht teurer werden – ein wichtiges Signal für bezahlbare Mobilität.
Doch insgesamt bleiben zentrale Zukunftsthemen unterbelichtet. Die Maßnahmen für den Rad- und Fußverkehr sind vage, die Strategie für E-Mobilität wenig ambitioniert. Der Koalitionsvertrag bleibt hier hinter dem zurück, was für eine echte Mobilitätswende nötig wäre.
Besonders kritisch: Der Klimaschutz im Verkehr wird de facto zurückgefahren. Zwar bekennt sich die Koalition zu den Klimazielen, doch in der Praxis werden klimaschädliche Subventionen nicht abgeschafft – teils sogar ausgebaut. Die Luftverkehrsteuer wird gesenkt, die Pendlerpauschale erhöht. Ein Tempolimit, das sofort Kosten spart, die Sicherheit erhöht und den CO2-Ausstoß senken würde, kommt erneut nicht. Stattdessen wird der Bundesverkehrswegeplan fortgeschrieben – mit Fokus auf Straßenbau, nicht auf nachhaltige Mobilität. So droht das Sondervermögen zur Konjunkturspritze für die Straßenbaulobby zu verkommen.
Spätestens ab 2027, wenn der Verkehrssektor in den europäischen Emissionshandel einbezogen wird, wird fossile Mobilität teurer. Wer jetzt nicht entschlossen in klimafreundliche Alternativen investiert, verspielt Zeit, Geld und Glaubwürdigkeit.
Kerstin Haarmann, Matthias Kurzeck