Fußverkehr

Gut zu Fuß – Unsere Forderungen für eine nationale Fußverkehrsstrategie

Zufußgehen kostet nichts, ist gesund und gut fürs Klima. Doch damit Menschen gern zu Fuß gehen, müssen die Bedingungen stimmen. Dafür muss der Fußverkehr in der Verkehrsplanung stärker berücksichtigt werden.

| Fußverkehr Verkehrspolitik

Ob es der kurze Fußmarsch zur Bushaltestelle oder zum Autoparkplatz ist, oder ein längerer Spaziergang durch die Stadt bis zur Bäckerei – wir gehen täglich. Und vieles spricht dafür: Gehen ist umwelt- und klimaschonend, gesund und belebt die Quartiere. Dennoch kommt dem Fußverkehr in der Verkehrsplanung kaum Beachtung zu – und das macht sich bemerkbar. Nicht selten sind Fußgänger*innen gefährlichen Überquerungen, viel Lärm und wenig Platz ausgesetzt. Dabei ermöglicht eine gute Fußverkehrsinfrastruktur gerade denen Mobilität, die von anderen Verkehrsformen oft ausgeschlossen sind: Kinder, Senior*innen und Menschen mit Behinderung. Damit der Fußverkehr als wichtige Fortbewegungsart anerkannt und verkehrspolitisch beachtet wird, braucht es eine nationale Fußverkehrsstrategie.

Was ist eine Fußverkehrsstrategie?

Einzelne Bundesländer und Kommunen denken den Fußverkehr bereits aktiv bei der Verkehrsplanung mit. So hat die Stadt Leipzig zum Beispiel einen Fußverkehrsbeauftragten, Berlin hat dem Fußverkehr im landeseigenen Mobilitätsgesetz viel Platz eingeräumt und Baden-Württemberg führt jährliche Fußverkehrs-Checks durch. Was aber fehlt ist eine deutschlandweite Förderstrategie und konzeptionelle Grundlage für den Ausbau der Fußverkehrs-Infrastruktur – eine nationale Fußverkehrsstrategie.

Die Bundesregierung hatte sich im Koalitionsvertrag 2021 darauf geeinigt, den Fußverkehr strukturell zu unterstützen und mit einer  nationalen Strategie zu unterlegen. Seither ist nicht viel passiert. Wir fordern das Bundesverkehrsministerium auf, endlich eine nationale Fußverkehrsstrategie aufzusetzen. Sie wäre ein klares Bekenntnis zur Bedeutung des Fußverkehrs für eine nachhaltige Entwicklung der Mobilität und gäbe den Ländern die nötige Grundlage, um die Bedingungen für Zufußgehende vor Ort zu verbessern.

Der wichtigste Hebel für eine wirksame Fußverkehrsstrategie: das Gesetz

Das derzeitige Straßenverkehrsrecht ist der „Flüssigkeit des Verkehrs“ verschrieben. Die Straßenverkehrsordnung (StVO) macht klar, dass damit Fahrzeuge gemeint sind – und Zufußgehende an den Fahrbahnrand verwiesen werden. Sie werden angehalten, den Straßenverkehr möglichst nicht zu behindern (§ 25 (3) StVO). Die Standards für Anlagen des Fußverkehrs sind dagegen lediglich nachgeordnet geregelt und gesetzlich nicht verankert.1 Wir fordern deshalb ein Bundesmobilitätsgesetz, das den Fokus weg vom Auto und stattdessen auf alle Fortbewegungsarten gleichermaßen richtet.

Fest verankerter Teil des Gesetzes und der Strategie muss die Vision Zero sein, also das Ziel von null Verkehrstoten. Auch wenn die Zahlen seit Jahren tendenziell sinken, gibt es noch immer jedes Jahr tausende Tote durch Verkehrsunfälle. Im Jahr 2022 waren davon 368 Fußgänger*innen.2  Wenn Straßenverkehr mit Fokus auf den Umweltverbund geplant wird, statt nur einseitig für das Auto, wirkt sich das auf die Sicherheit aller aus.

Fußverkehrsfreundliche Standards

Ein entscheidender Schritt für die Verbesserung der Fußinfrastruktur ist die Umsetzung von Standards für den Fußverkehr. In den „Empfehlungen für Fußgängerverkehrsanlagen (EFA)“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) sind bereits Grundsätze festgeschrieben, die eine gerechtere Ausgestaltung der Fußverkehrsinfrastruktur ermöglichen. So schreibt das Regelwerk beispielsweise eine Mindestbreite von Gehwegen von 2,5 Metern vor, auf denen auch Eltern mit Kinderwägen, Menschen mit Rollstuhl und Zufußgehende mit Rollator sich bequem passieren und hindernisfrei bewegen können. Diese in den EFA geregelten Standards sind ein guter Start, allerdings sind sie vielfach noch unzureichend. So sind laut FGSV beispielsweise Fußgängerüberwege (Zebrastreifen) in Tempo-30-Zonen unzulässig. Die nationale Fußverkehrsstrategie muss die bereits bestehenden Standards umsetzen – diese aber auch erweitern. Damit Fußverkehr in der Verkehrsplanung mehr als nur untergeordnet berücksichtigt wird. 

Grundsätzlich müssen Strategien für den Fußverkehr immer mit dem Umweltverbund zusammen gedacht werden. Damit zum Beispiel Fuß- und Radverkehr ausreichend Platz eingeräumt wird und diese Bereiche gut miteinander funktionieren, müssen die Strategien für diese beiden aktiven Mobilitätsformen eng miteinander verzahnt werden. Auch die Kombination mit dem öffentlichen Verkehr ist ein wichtiger Hebel für die Verkehrswende. So müssen Fußwege zur Haltestelle sicher, komfortabel und barrierefrei sein, um einen einfachen Zugang zu gewährleisten.

Der Fokus eines zeitgemäßen Bundesmobilitätsgesetzes muss der Umweltverbund sein. Die intelligente Verbindung von Fuß-, Rad- und öffentlichem Nahverkehr hat Vorrang zum motorisierten Individualverkehr und kommt damit der großen Mehrheit der Menschen zu Gute, statt nur einer Minderheit. Ein wichtiger Baustein für dieses Vorhaben ist die Reduzierung der Höchstgeschwindigkeiten. So würde eine Regelgeschwindigkeit von 30 km/h innerhalb von Ortschaften nicht nur die Sicherheit auf unseren Straßen enorm erhöhen, sondern auch Lärm reduzieren und damit zu mehr Lebensqualität beitragen. Auch die Schaffung sicherer Schulwege wäre damit erleichtert – damit Kinder selbständig mobil sein können. 

Stabile Finanzierung für den Fußverkehr

Nicht selten sind Gehwege zwar theoretisch breit genug für eine rege Nutzung, doch in der Praxis wird dieser Raum dann schnell vom falsch parkenden Auto eingenommen. Das ist nicht nur ein großes Ärgernis, sondern auch gefährlich – und muss stärker kontrolliert und auch sanktioniert werden. Den Eindruck, etwas Verwerfliches zu tun, bekommen Falschparkende bisher kaum. Schließlich gilt es lediglich als Ordnungswidrigkeit und die Bußgelder sind oft entsprechend niedrig. Das ist auch ein Grund dafür, dass viele Kommunen den Aufwand scheuen, das Falschparken breit zu kontrollieren – die Einnahmen stehen zum Aufwand in keinem Verhältnis.1 Das muss sich ändern – Falschparken und die damit verbundene Gefährdung des Fuß- sowie Radverkehrs gehören streng geahndet und Bußgelder sollten sich am europäischen Niveau orientieren.

Die Einnahmen fänden schnell Verwendung, denn eine effektive Fußverkehrsstrategie umzusetzen braucht eine stabile Finanzierung. Doch der Fußverkehr wird im Vergleich zu anderen Verkehrsträgern weitaus weniger finanziell gefördert. Auch in der Forschungsförderung liegt der Fußverkehr weit hinter anderen Bereichen zurück. Investitionen in die Fußinfrastruktur müssen daher ganz gezielt über entsprechende Fördertöpfe vom Bund finanziell unterstützt werden. Nur so kann ein dichtes und sicheres Wegenetz für alle Altersgruppen entstehen.

Mehr Lebensqualität im öffentlichen Raum

Wie Menschen sich im öffentlichen Raum bewegen hängt maßgeblich davon ab, wie dieser konzipiert ist. Wege können so gestaltet werden, dass sie zum Zufußgehen einladen – durch Begrünung, regelmäßige Sitzgelegenheiten und gute Beleuchtung. Das gleiche gilt für Haltestellen, an denen sich Menschen wohl und sicher fühlen müssen.

Ausreichend Sitzgelegenheiten im öffentlichen Raum sind auch eine Frage der Flächengerechtigkeit. Denn dem sogenannten ruhenden Verkehr, also parkenden Autos, wird sehr viel mehr Raum zugestanden als dem ruhenden, nicht-motorisierten Verkehr, also Menschen, die im öffentlichen Raum verweilen wollen. Öffentliche Sitzgelegenheiten sind zum einen für Menschen wichtig, die mobilitätseingeschränkt sind und sich auf ihrem Weg ausruhen möchten. Zum anderen sind Aufenthalts- und auch Spielmöglichkeiten im öffentlichen Raum ein wichtiger Aspekt für die Belebung von Ortschaften und Quartieren.

Eine gute Möglichkeit, Straßen gerecht und fußverkehrsfreundlich zu gestalten, sind verkehrsberuhigte Räume und Begegnungszonen, in denen Fahrzeuge mit Schrittgeschwindigkeit unterwegs sind und dem Fußverkehr Vorrang gegeben wird. Solche Räume zeigen, was Straßen sind und sein können, nämlich ein wesentlicher Teil des menschlichen Lebensraumes statt reiner Verkehrsflächen. Die Idee der 15-Minuten-Stadt setzt genau hier an: Wenn alles, was zum Leben nötig ist – vom Supermarkt, über die Kita, bis zur Apotheke – im Umkreis vorhanden ist und sich in einer Viertelstunde zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen lässt, dann ist die alltägliche Mobilität bequem und ohne Auto machbar. Die 15-Minuten-Stadt ist verkehrsberuhigt – und bietet damit Platz zum Zufußgehen, Verweilen und Spielen.

Wir fordern die nationale Fußverkehrsstrategie

Zugeparkte Gehwege, gefährliche Straßenüberquerungen, wenig Platz und dafür viel Lärm und schlechte Luft – Zufußgehen und Rollstuhlfahren sind oft mit Hindernissen verbunden und sogar gefährlich. Doch wenn die Bedingungen stimmen, gehen viele Menschen gern zu Fuß und erschließen sich den öffentlichen Raum. Diesem Bedürfnis muss die Verkehrsplanung gerecht werden – mit einer Fußverkehrsstrategie, die menschliche Grundbedürfnisse, die Vision Zero sowie den Klima- und Umweltschutz in den Fokus rückt.

Unsere Forderungen für den Fußverkehr

  • Verkehrsträgerübergreifendes Bundesmobilitätsgesetz
  • Tempo 30 innerorts
  • Schaffung von verkehrsberuhigten Räumen erleichtern und Begegnungszonen einführen
  • Mehr Investitionen in die Fußverkehrsinfrastruktur
  • Umsetzung und Erweiterung der geltenden Standards für Fußverkehrsanlagen
  • Verzahnung mit dem Radverkehr und dem ÖPNV
  • Kontrolle und Sanktionierung von Gehwegparken
  • Beleuchtung und Begrünung von Fußwegen, Plätzen und Haltestellen sowie mehr Sitz- und Spielmöglichkeiten im öffentlichen Raum

Quellen

[1] Umweltbundesamt 2020: Geht doch! Grundzüge einer bundesweiten Fußverkehrsstrategie. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/geht-doch

[2] Statistisches Bundesamt: https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/07/PD23_272_46241.html

 

Kontakt

Anika Meenken

Sprecherin für Radverkehr und Mobilitätsbildung
Fon 030/28 03 51-403
anika.meenken@vcd.org

Sofie Kreusch

Trainee politische Kommunikation & klimafreundliche Verkehrspolitik
Fon 030/28 03 51-11
sofie.kreusch@vcd.org 

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