Foto: Segelboote im alten Hafen Bremerhaven, im Hintergrund zwei futuristische Gebäude: Das Klimahaus und das Atlantic Hotel. Neuer Akzent am alten Hafen: Das Klimahaus Bremerhaven nimmt große und kleine Besucher*innen mit auf eine Weltreise zu den Themen Klima, Klimawandel und Wetter.

Reise | VCD-Magazin 1/2025

Dem Klima ganz nah im Klimahaus Bremerhaven

Wie leben Menschen in unterschiedlichen Klimazonen und wie beeinflusst der Klimawandel ihren Alltag? All das erfahren Besucher*innen im Klimahaus Bremerhaven - ganz umweltfreundlich.

| Tourismus fairkehr-Magazin 01/2025

Die hohe Luftfeuchtigkeit ist das Erste, was mir auffällt, als ich in Samoa ankomme. Ich fange an zu schwitzen, obwohl mir vor ein paar Minuten in der Antarktis noch richtig kalt war. Moment mal: In ein paar Minuten von der Antarktis nach Samoa? Ja, das geht, und nicht nur das: Ich war heute auch schon in der Schweiz, auf Sardinien, im Niger und in Kamerun.

Alle diese Orte haben etwas gemeinsam: Sie liegen auf dem Längengrad 8° Ost 34'. Ebenso wie der Ausgangspunkt meiner fantastischen Reise: das Klimahaus Bremerhaven. Schon seit 2009 nimmt das Erlebnismuseum kleine und große Besucher*innen mit auf eine Expedition rund um den Globus entlang dieses Längengrades – und damit durch alle Klimazonen.

Tieren im Klimahaus begegnen

Von den Schweizer Alpen über die trockene Wüste Nigers durch die Dschungel Kameruns und die Lagunen Samoas bis auf die Hallig Langeneß in der Nordsee: In jedem Land sind typische Landschaften und Landesmerkmale nachgebaut, mit der passenden Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Das fühlt sich oft ganz schön real an: In der Schweiz begrüßen mich muhende Kühe, und eine Treppe führt den Berg hinauf zum Gipfelkreuz und durch einen Tunnel aus Gletscher-Eis. In Kamerun folge ich einem Pfad durch den nächtlichen Regenwald, anschließend wage ich mich auf eine Hängebrücke durch eine Flusslandschaft. Auf Langeneß fällt und steigt das Wasser mit Ebbe und Flut, um mich herum erklingt Möwengeschrei. 

Wie die Menschen in ihrem Alltag mit diesen ganz unterschiedlichen Bedingungen umgehen, erzählen sie im Laufe der Reise selbst. In Videos, an Hörstationen und mit zahlreichen Gegenständen, die sich in die Landschaft der Ausstellung einfügen, lerne ich in jedem Land einzelne Personen kennen. Zum Beispiel das Tuareg-Mädchen Mariam, das von seinem Leben in der Wüste und seinen Träumen erzählt. Oder den samoanischen Sänger Vania, der vom Konflikt zwischen den strikt traditionellen Werten und westlichen Einflüssen berichtet.  

Leben bei jedem Wetter

Dabei lerne ich nicht nur etwas über das gewöhnliche Leben in den verschiedenen Klimazonen. Auch die Wetterextreme, die Menschen und Tierwelt vor besondere Herausforderungen stellen, kommen immer wieder zur Sprache. So wird in der Schweiz nicht nur von der Käseherstellung und dem jährlichen Almabtrieb erzählt, sondern auch von schmelzenden Gletschern und Steinschlägen. In Kamerun geht es um Biodiversität und um Abholzung, auf Samoa um Zyklone, Erdbeben und das Ökosystem Korallenriff, auf Langeneß um Sturmfluten. „Ich habe viele Brände gesehen und jedes Mal blutet mir mein Herz dabei“, erzählt ein Hubschrauberpilot in einem Video in Sardinien. Das Thema hier: Die heftigen Waldbrände, ausgelöst durch zunehmende Trockenheit, Erosion und starke Winde.

So schafft es das Klimahaus Bremerhaven, eine wichtige Botschaft anschaulich zu vermitteln: Egal, wo und wie wir leben, das Klima geht uns alle an. Wer möchte, kann sich nach der Weltreise in anderen Ausstellungsbereichen noch vertiefter mit den verschiedenen Klimathemen und möglichen Lösungen beschäftigen. Im World Future Lab zum Beispiel kann man sich allein oder als Gruppe durch mehrere Stationen spielen. Aufgabe ist es zum Beispiel, eine Südseeinsel vor dem Untergang zu retten, Smartphones nachhaltig zu produzieren oder einen Stadtteil zukunftsgerecht zu gestalten. Jede Entscheidung, die man im Verlauf des Spiels trifft, nimmt globale Ausmaße an. Mich führt mein Weg heute aber nicht ins World Future Lab, sondern in die Ausstellung „Wetterextreme“. Ich kann die Ausstellung heute im Rahmen eines Pressetermins besichtigen. Für Besucher*innen öffnen die Wetterextreme vor Ostern ihre Türen.

Wetterextreme hautnah erleben

Herzstück der neuen Ausstellung ist der „Uplift“. In der Meteorologie beschreibt Uplift aufsteigende Luft – im Klimahaus steigen die Besucher*innen mit einer runden Plattform nach oben. 

Als alle auf der Plattform Platz genommen haben, schließt sich die Tür – wir sitzen im Dunkeln. Dann wird die Leinwand vor uns langsam hell, eine Stimme erzählt von der Atmosphäre der Erde, und wie sie sich verändert. In ruhigen Landschaften ensteht ein Waldbrand, Nebel flimmert wie Rauchschwaden an uns vorbei, und gleich dem Aufstieg der heißen Luft des Feuers fahren wir mit der Plattform nach oben. Die heiße Luft verwandelt sich, wird zu Wolken, zu sturzartigem Regen, zu Hagel, zu Sturm. Von allen Seiten, selbst von oben, prasseln Animationen und Geräusche auf uns ein, die Plattform dreht sich nach links, nach rechts, steigt immer höher. Es ist überwältigend. Ich verlasse den Uplift mit einem klaren Gefühl von der wahnsinnigen Gewalt des Wetters.

Zum Glück ist das Erlebnis Wetterextreme an dieser Stelle noch nicht vorbei: Im nächsten Raum erzählen Betroffene aus verschiedenen Ländern, wie Wetterkatastrophen ihr Leben verändert haben – und welche Lösungen sie dafür gefunden haben. Die Geschichten gliedern sich in die drei Themenstationen Sturm, Regen und Hitze. Augenzeugen berichten zum Beispiel von der Flut im Ahrtal, den Aufräumarbeiten, dem gegenseitigen Beistand. Im Bereich Sturm erfahre ich, dass heute in Bangladesch weniger Menschen durch Zyklone sterben als noch in den 70ern, obwohl es mehr Menschen gibt. Der Grund: Ein Frühwarnsystem, das auch auf nachbarschaftlicher Hilfe beruht. Geschichten wie diese machen Mut. Sie zeigen: Ja, Wetterextreme nehmen zu – auf der ganzen Welt, auch hier in Deutschland. Aber es gibt Lösungen, wie wir als Gesellschaft damit umgehen können.

Klimaforscherin Friederike Otto ordnet außerdem jedes Wetterereignis ein und klärt die Frage: Lag das jetzt wirklich am Klimawandel oder war das ein „normales“ Extremwetter? Wie oft der Klimawandel der Auslöser oder zumindest Verstärker für diese Katastrophen ist, zeigt eine Weltkarte mit untersuchten Extremwetterereignissen am Ausgang der Ausstellung. Und dank meiner Reise rund um den Globus kann ich mir jetzt besser vorstellen, wie es den Menschen geht, die sehr viel stärker von Wetterextremen betroffen sind als ich. 

Ich verlasse das Klimahaus mit dem Kopf voller Informationen, Eindrücken und Erlebnissen. Vor mir glitzert die Weser im Licht der Nachmittagssonne und der Deich lockt, bei einem Spaziergang in Ruhe alles zu verarbeiten.

Besucher-Informationen

Täglich geöffnet von 10 bis 18 Uhr.
Tagesticket Erwachsene: 22 Euro, Kinder: 13 Euro. Aufpreis für Ausstellungsbereich Wetterextreme: 7,50/5,50 Euro.
Tipp: Schon ab zwei Tagen im Klimahaus lohnt sich der Kauf einer Jahreskarte (Erwachsene: 32 Euro, Kinder: 23 Euro).
Anreise: Vom Hauptbahnhof Bremerhaven fahren sieben Buslinien zur Haltestelle Havenwelten, die Fahrt dauert ca. 10 Minuten.
klimahaus-bremerhaven.de

Havenwelten

Das Klimahaus liegt zwischen Altem und Neuem Hafen am Weserdeich, in direkter Nachbarschaft zum Deutschen Schifffahrtsmuseum, dem Zoo am Meer und dem Deutschen Auswandererhaus.

Nachhaltig übernachten

Direkt neben dem Klimahaus liegt das ATLANTIC Hotel Sail City. Von der Aussichtsplattform hat man einen tollen Blick über Havenwelten und Weser. Auch in puncto Nachhaltigkeit hat das Hotel einiges zu bieten, zum Beispiel was die Vermeidung von Lebensmittelabfällen oder das Energiesparen angeht.
atlantic-hotels.de/hotel-sail-city-bremerhaven

Weitere Museen zum Thema Klimawandel und Nachhaltigkeit

KLIMA ARENA Sinsheim: Neben Grundlagen zum Klimawandel können Besucher*innen die Themenbereiche Mobilität, Wohnen & Energie und Lebensstil & Konsum sowie ein großes Außengelände entdecken.
klima-arena.de

Nawareum Straubing: „Zukunft nachhaltig gestalten“ ist das Motto dieses spielerischen Museums in Bayern. In neun Themenbereichen und im Museumsgarten laden zahlreiche Exponate zum Mitmachen und Ausprobieren ein.
nawareum.de

Futurium Berlin: Wie wollen wir in Zukunft leben? Dieser Frage gehen Besucher*innen in den Themenbereichen Mensch, Natur und Technik auf den Grund.
futurium.de

Autorin

Katharina Baum schreibt als Redakteurin über nachhaltige Mobilität und begleitet verschiedenste Projekte, von Internetauftritten über Kommunikationskampagnen bis zu Nachhaltigkeitsberichten. Sie schreibt seit 2020 für das VCD-Magazin fairkehr und arbeitet bei der fairkehr Agentur in Bonn.

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